Fast 50 Verdächtige gibt es in dem aktuellen Prozess in Nigeria gegen Männer, die einen Schwulenclub betrieben haben sollen (Sujetbild).

Foto: AFP/Audu Marte

Lagos – Gegen fast 50 junge Männer läuft in Nigeria derzeit ein Prozess wegen des Vorwurfs, Zärtlichkeiten mit Personen desselben Geschlechts ausgetauscht zu haben. Die Angeklagten waren unter den 57 Männern, die 2018 in einem Hotel der Hafenstadt Lagos festgenommen wurden. Ihnen wird vorgeworfen, einen Nachtclub für Homosexuelle gegründet zu haben. Sie selbst geben an, lediglich einen Geburtstag gefeiert zu haben.

Der Fall erregt Aufmerksamkeit weit über die Grenzen des westafrikanischen Staates hinaus, weil es das erste Mal ist, dass Personen mit einem vor fünf Jahren in Nigeria erlassenen Gesetz verurteilt werden sollen. Es sieht vor, dass Homosexuelle, die eine Ehe schließen, mit einer Strafe von 14 Jahren rechnen müssen, während Männer, die ein "amouröses Verhältnis" führten, zehn Jahre hinter Gitter kommen sollen.

Was unter einem "amourösen Verhältnis" zu verstehen ist, haben Nigerias Gesetzgeber allerdings nicht definiert. Deshalb geht die Direktorin der Initiative für gleiche Rechte (Tiers) in Lagos, Xeenarh Mohammed, von einem Scheitern des Verfahrens aus: "Die Vagheit der Bestimmung schließt aus, dass überhaupt ein Urteil zustande kommt", ist die Aktivistin überzeugt.

Polizei erpresst Schmiergeld

Die Polizei nutze das Gesetz vor allem dazu, Schmiergeld von Beschuldigten zu erpressen, ist die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch überzeugt. Meistens kämen die Fälle erst gar nicht zur Anklage, weil die Ordnungshüter die Festgenommenen nach der Zahlung von Bestechungsgeld wieder auf freien Fuß setzen. "Die Polizei nimmt uns fest, beschimpft uns und erpresst dann Geld von uns", sagte Smart Joel, einer der in Lagos Festgenommenen, der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich gehe davon aus, dass das Verfahren gleich wieder eingestellt wird."

Durch das vor fünf Jahren erlassene Gesetz habe sich die Lage von Homosexuellen in Nigeria weiter verschlechtert, klagt Human Rights Watch.

Uganda erwägt Todesstrafe

Unterdessen kündigten Parlamentarier in Uganda an, erneut eine Gesetzesnovelle ins Abgeordnetenhaus einzubringen, die in schweren Fällen sogar die Todesstrafe für Homosexuelle vorsieht. Ein entsprechender Vorstoß war vor fünf Jahren am Einspruch des Höchstgerichts gescheitert. Schon heute droht das Strafgesetz des ostafrikanischen Staates Homosexuellen mit lebenslanger Freiheitsstrafe – auf der Grundlage eines noch aus der britischen Kolonialzeit stammenden Artikels, der homosexuellen Geschlechtsverkehr als "gegen die natürliche Ordnung" bezeichnet.

Verbot in 34 Staaten Afrikas

Homosexualität ist in 34 der 54 afrikanischen Staaten ausdrücklich verboten, in zwei von ihnen – Mauretanien und dem Sudan – steht darauf die Todesstrafe. Staatschefs des Kontinents pflegen die drakonischen Maßnahmen gegen gleichgeschlechtliche Liebe damit zu begründen, dass sie "unafrikanisch" sei: Der "Westen" wolle dem Kontinent die Tolerierung der Homosexualität "aufzwingen", meint Ugandas Präsident Yoweri Museveni.

Anthropologen und Historiker gehen jedoch vom umgekehrten Sachverhalt aus: Während viele afrikanische Gesellschaften vor der Kolonialisierung ein eher ungezwungenes Verhältnis zur gleichgeschlechtlichen Liebe hatten, brachten christliche und muslimische Missionare deren Verbannung auf den Kontinent.

15 Jahre Haft in Sambia

Erst vor wenigen Tagen eskalierte einmal mehr ein Konflikt in Sambia, weil dort zwei junge Männer wegen ihrer Beziehung zu 15 Jahren Haft verurteilt wurden. US-Botschafter Daniel Foote zeigte sich entsetzt über das Urteil, darauf reagierte wiederum die sambische Regierung wütend. Präsident Edgar Lungu rechtfertigte die Gesetze Sambias im Interview mit Sky TV: "Nicht einmal Tiere tun das. Warum sollten wir gezwungen werden, es zu tun? Weil wir nur so als klug, zivilisiert und fortschrittlich gelten können?" (Johannes Dieterich, 9.12.2019)