Wolfgang Fellner zu "Dossier"-Recherchen: "Die Behauptung, dass meine Mediengruppe angeblich Inserate gegen wohlwollende Berichterstattung tauschen würde, ist mittlerweile mehr als zwölf Jahre alt – und sie wird durch ständige Wiederholung nicht richtig."

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Die Rechercheplattform "Dossier" widmet ihr zweites gedrucktes Magazin der Korruption in Österreich. Diesen Montag geht auf der Plattform eine Story aus dem Magazin online, die sich Geschäftspraktiken von Wolfgang Fellners Mediengruppe Österreich widmet. Die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl, der ehemalige Bundeskanzler Christian Kern und der ehemalige Vizekanzler Reinhold Mitterlehner werden namentlich in der Story zitiert, wonach die Berichterstattung in Fellners Medien und Inserate in einem Zusammenhang stünden.

Gut 50 Jahre Fellnerei

Dieser Verdacht begleitet die Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner, seit sie Ende der 1960er Jahre die Schülerzeitung "RennbahnExpress" gegründet und zu Österreichs größtem Jugendmagazin gemacht haben, entlang von "Basta", ihrem damals größten Erfolg "News" und dessen Ablegern wie "TV-Media", "Format", "Woman" und bis zu "Österreich", "Oe24" in all seinen Erscheinungsformen und zuletzt Radio Austria.

"Hanebüchener Unsinn"

Wolfgang Fellner weist die Vorwürfe gegenüber "Dossier" wieder einmal zurück: "Die Behauptung, dass meine Mediengruppe angeblich Inserate gegen wohlwollende Berichterstattung tauschen würde, ist mittlerweile mehr als zwölf Jahre alt – und sie wird durch ständige Wiederholung nicht richtig." Die Vorhaltungen würden "jeder Grundlage" entbehren: "Ihr Vorwurf, ich würde Inserenten unter Druck setzen, ist schon deshalb hanebüchener Unsinn, weil ich – nachweislich – seit mehr als drei Jahren kein einziges Inserat mehr verkauft habe." Alle Inseraten-Verkaufsgespräche würden andere führen. Es handle sich "um nebulöse und anonyme Sudelgerüchte, die keinen Funken Wahrheit haben. Ich bitte Sie, konkrete Namen oder Vorfälle zu nennen – alles andere ist unseriöser Sudeljournalismus, der nicht ernst zu nehmen ist", schreibt Fellner der Rechercheplattform.

Sie zitiert dazu in ihrer Story über Fellner die Erlebnisse und Erfahrungen einer Reihe ungenannter Politiker und Unternehmer, die ihre Vorwürfe laut "Dossier" nötigenfalls aber vor Gericht wiederholen würden.

Kern, Mitterlehner, Kneissl

Drei ehemalige Politiker äußern sich zum Phänomen auch namentlich. Karin Kneissl, Außenministerin auf FPÖ-Ticket von 2017 bis 2019, berichtet "Dossier", sie habe als erste Amtshandlung die Inseratenbudgets ihres Vorgängers Sebastian Kurz deutlich reduziert. Das bestätigen die Daten der Medienbehörde über ihr gemeldete öffentliche Inserate.

"Chicago" 1930

Kneissl führt inbesondere darauf zurück, dass "Österreich" über sie so negativ berichtete. Wolfgang Fellner zog acht Tage nach Amtsantritt schon so eine erste Bilanz über die Ministerin: "Karin Kneissl wirkt zu Beginn schräg, wirr, teilweise ahnungslos im Politgeschäft. Ein Risiko."

Kneissl fühlt sich laut "Dossier" an Mafiamethoden der 1930er-Jahre in Chicago erinnert, "also entweder du zahlst oder wir fackeln den Laden ab – so ungefähr ist mir das vorgekommen. Und ich habe gesagt, ich zahle keine Schutzgelder."

Die Exministerin erinnert sich in der Story auch an "Österreich"-Recherchen, als sie erkrankt war: "Das muss man sich vorstellen: Die haben Journalisten zum Außenministerium geschickt, um zu fragen: 'Ist sie schon tot?'"

Inseratenstatistik

"Dossier" zitiert zudem aus dem Buch "Haltung" des ehemaligen ÖVP-Chefs und Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner und ordnet diese Erinnerungen an einen ungenannten Zeitungsmacher Wolfgang Fellner zu: Als Mitterlehner 2009 Wirtschaftsminister wurde, besuchte ihn nach eigener Schilderung ein Zeitungsmacher sinngemäß so: "Herr Mitterlehner, wir haben über Sie weder positiv noch negativ geschrieben. Das könnte sich jetzt gravierend ändern."

Ein Begleiter des Medienmachers habe eine Grafik mit den Inseratenausgaben der einzelnen Ministerien auf den Tisch gelegt: "Ihr Ministerium inseriert im Schnitt weniger als alle anderen. Daher überlegen Sie sich, wie Sie das in Zukunft handhaben wollen."

"Immer persönlichere Attacken"

Der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern spricht von einem klaren Zusammenhang zwischen der Reduktion von Inseraten (auch) für Fellner-Medien und deren Berichterstattung. Auf die geplante Kürzung versucht Fellner Kern nach dessen Schilderung, seine Argumente näherzubringen. Stets höflich, aber laut "Dossier" deutlich in der Botschaft, "dass Herr Fellner das als unfreundlichen Akt gesehen hat." Kern wird zitiert mit: "Welches Spiel da gespielt wird, war vollends klar, als die Attacken gegen mich immer persönlicher wurden. Österreich hat meine Frau und mich mitten im Wahlkampf mit einem mutmaßlichen georgischen Kriminellen, der Beziehungen zu Israel hatte, in Verbindung gebracht. Den Mann haben wir weder gekannt noch von seiner Existenz gewusst."

Tagelang sei das gegangen, "auf mehreren Seiten mit Meuchelfotos garniert". Eine freie Erfindung, sagt Kern "Dossier". (fid, 9.12.2019)