Die Werkstoffwissenschafterin Sabine Seidler tritt im Jänner ihre zweijährige Funktionsperiode an.

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Wien – Die Rektorin der Technischen Universität Wien, Sabine Seidler (58), ist am Montag zur neuen Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko) gewählt worden. Die Werkstoffwissenschafterin folgt damit auf Eva Blimlinger beziehungsweise Oliver Vitouch. Letzterer war interimsmäßig auf die für die Grünen in den Nationalrat gewählte Ex-Rektorin der Akademie der bildenden Künste an die Uniko-Spitze gerückt.

Seidler tritt ihre zweijährige Funktionsperiode im Jänner an. Vitouch wurde erneut zum Stellvertreter gewählt. Weitere Mitglieder im Uniko-Präsidium sind Heinz Engl (Uni Wien), Edeltraud Hanappi-Egger (WU Wien), Tilmann Märk (Uni Innsbruck), Hellmut Samonigg (Medizinische Universität Graz) und Ulrike Sych (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien).

Pionierin an der TU

Mit der Werkstoffwissenschafterin Sabine Seidler (58) steht wieder eine Vertreterin einer Technischen Universität (TU) an der Spitze der Universitätenkonferenz (uniko). An der TU Wien war sie quasi eine Pionierin: 1996 wurde die gebürtige Deutsche erste Professorin, 2007 die erste Vizerektorin und schließlich 2011 die erste Rektorin.

Nach Ingela Bruner (Universität für Bodenkultur, 2008-2009) und Sonja Hammerschmid (Veterinärmedizinische Universität, 2010-2016) war Seidler damit die erst dritte Rektorin einer staatlichen Universität in Österreich. Ihr erster Anlauf auf die uniko-Spitze scheiterte 2015 auch an Hammerschmid – damals kandidierte Seidler gegen die nunmehrige SPÖ-Bildungssprecherin um die Präsidentschaft und unterlag.

Bereits 2007 wurde sie als erste Frau an der TU als Vizerektorin für Forschung bestellt, wo sie außerdem für Forschungskooperationen und Internationales (EU-Programme) zuständig war. Auch der oberösterreichische Aluminiumkonzern AMAG wählte Seidler 2012 als erstes weibliches Mitglied in seinen Aufsichtsrat.

"Zum Glück gezwungen"

Sabine Seidler wurde am 29. August 1961 in Sangerhausen im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt (damals DDR) geboren. An der Technischen Hochschule Merseburg studierte sie Werkstoffwissenschaft – wobei sie damals sogar zu ihrem Glück, also zum Technikstudium, "gezwungen" werden musste, schilderte sie einmal. Nach ihrer Promotion 1989 wechselte sie an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und arbeitete sieben Jahre lang am Institut für Werkstoffwissenschaft. Parallel dazu war sie als Gastwissenschafterin an der Ruhr-Universität Bochum am Institut für experimentelle Mechanik tätig und zwei Jahre lang Habilitationsstipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Im September 1996 wurde Seidler als Professorin für Nichtmetallische Werkstoffe an die Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften der TU Wien berufen. Ein halbes Jahr später habilitierte sich die Mutter zweier Kinder im Fachgebiet Werkstofftechnik. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Struktur-Eigenschaftsbeziehungen in Kunststoffen, Kunststoffprüfung und Bruchmechanik.

Ausgewiesene Forscherin

2007 avancierte Seidler an der TU zur Vizerektorin für Forschung. Ihr Vorgänger als Rektor, Peter Skalicky, bezeichnete sie bei der Amtsübergabe dementsprechend auch als "ausgewiesene Forscherin". In den ersten Jahren ihrer Amtszeit war die neue Rektorin, die mittlerweile österreichische Staatsbürgerin ist, aber nicht nur mit wissenschaftlichen und studentischen Themen, sondern vor allem mit vielen budgetären Herausforderungen konfrontiert.

Die TU Wien hatte ab 2010 als erste Uni negativ bilanziert – und zwar gleich drei Jahre in Folge. 2013 konnte die viertgrößte Uni Österreichs dann aber wieder positiv abschließen. "Dieser Prozess der finanziellen Konsolidierung hat uns an unsere Grenzen gebracht, die teilweise auch überschritten wurden", sagte Seidler damals. Trotzdem wurde sie 2014 und 2018 mit großer Mehrheit als Rektorin bestätigt.

Ihre Rolle als weibliche Pionierin in traditionell stark männlich geprägten Umfeldern – nämlich einerseits im universitären Bereich und andererseits in der Technik – machte Seidler auch zur Ansprechpartnerin in Diskussionen über Chancengerechtigkeit. Dass es sie stört, dass in vielen Fachbereichen an der TU der Frauenanteil immer noch relativ gering ist, erklärte Seidler immer wieder. Generell solle man aber den "defizitären Ansatz" – also die Vorstellung, Frauen brauchten Förderung – überwinden, sagte sie einmal. (APA, 9.12.2019)