Mit dem türkis-blauen "Sicherheitspaket" könnten Behörden künftig auf Überwachungskameras zugreifen und mit dem Bundestrojaner verschlüsselte Handy-Nachrichten mitlesen.

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Wien – Der Verfassungsgerichtshof verkündet am Mittwoch, ob die von ÖVP und FPÖ beschlossene Ausweitung der behördlichen Überwachungsbefugnisse zulässig ist. Dabei geht es sowohl um die automatische Erfassung von Autokennzeichen als auch um den "Bundestrojaner", der das Mitlesen verschlüsselter Handy-Nachrichten erlauben soll. SPÖ und NEOS hatten mehrere Beschwerden dagegen eingebracht.

Die türkis-blaue Regierung hatte die im April 2018 beschlossenen Maßnahmen als "Sicherheitspaket" vermarktet, Kritiker sprechen von einem "Überwachungspaket". Dies deshalb, weil die Behörden damit das Recht erhielten, die von den Section-Control-Anlagen der Autobahnen erfassten Daten automatisch auszuwerten. Außerdem soll die Polizei auf Überwachungskameras von Verkehrsbetrieben, Autobahnen und Flughäfen zugreifen dürfen.

Spionage-Software und Kennzeichenüberwachung

Das Gesetzespaket enthält außerdem eine rechtliche Grundlage für die Installation von Spionage-Software auf Mobiltelefonen und Computern. Dieser "Bundestrojaner" sollte nach ursprünglicher Planung ab 2020 zum Einsatz kommen. Details darüber, welche Software dafür angeschafft wird, nannte das Innenministerium bisher nicht.

Für die Kennzeichenüberwachung wollte das Innenministerium zehn stationäre und 20 mobile Kennzeichenerkennungssysteme ankaufen. Neben dem Kennzeichen der Autos dürfen mit der türkis-blauen Gesetzesänderung nun auch Marke, Typ und Farbe sowie Informationen zum Lenker automatisch erfasst werden. Die Rechtsanwaltskammer kritisierte in der Begutachtung, dass damit ein flächendeckendes Bewegungsprofil von Verkehrsteilnehmern erstellt werden könnte – und zwar ohne gerichtlichen Rechtsschutz und ohne konkreten Anlass.

Beim Verfassungsgericht angefochten haben diese Regelungen SPÖ und NEOS sowie die SPÖ-Bundesratsfraktion. Letztere hat mittlerweile einen neuen Antrag beim Höchstgericht eingebracht, weil die ursprüngliche Beschwerde im Juni wegen eines Formalfehlers zurückgewiesen worden war. Ebenfalls im Juni hatten sich die Verfassungsrichter in einer öffentlichen Verhandlung mit der Causa befasst. Vertreter von Innen- und Justizministerium verteidigten die Neuregelungen damals – ob mit Erfolg wird Vizepräsident Christoph Grabenwarter am Mittwoch bekannt geben. Er führt das Höchstgericht derzeit interimistisch. Als Referent vorbereitet hat die Entscheidung der Verfassungsrichter Christoph Herbst. (APA, 9.12.2019)