Erst 2018 teilte ORF-General Alexander Wrabetz die TV-Information – nun will er wesentliche Teile schon wieder zusammenführen.

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Wien – Eine Mail von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz versetzt den Küniglberg in Aufruhr. Kehrt Österreichs wichtigste Informationsquelle zurück zur zentralen Nachrichtensteuerung wie einst unter Chefredakteur Werner Mück?

Und noch eine andere Wiedervereinigung soll Wrabetz überlegen: Die "Zeit im Bild" könnte, so sagen mehrere Quellen aus dem ORF, wieder auf ORF 1 und ORF 2 laufen. Wrabetz beendete diese sogenannte Durchschaltung der Hauptnachrichten auf zwei Kanäle 2007 mit seiner ersten Programmreform. Diese Information ließ sich aber zunächst nicht erhärten.

Blick zurück zu Mück

Werner Mück wurde 2002 TV-Chefredakteur, als ÖVP-Chef Wolfgang Schüssels Koalition mit der FPÖ das Land regierte und so auch die Führung des ORF bestimmte. 2006 rebellierten die ORF-Redakteure, allen voran Armin Wolf, gegen dieses Info-System. Alexander Wrabetz wurde 2006 ORF-General mithilfe der freiheitlichen Regierungspartei BZÖ und gegen die Kanzlerpartei ÖVP.

Nun soll Wrabetz in seiner offenbar in der Nacht auf Montag verschickten Mail ankündigen: Mit Jahresbeginn 2020 werde die erst im Frühjahr 2018 eingerichtete Information von ORF 1 wieder jener von ORF 2 eingliedert. Der Chefredakteur von ORF 2, Matthias Schrom-Kux, soll schon in den vergangenen Wochen Redakteurinnen und Redakteure von ORF 1 kontaktiert haben mit Blick auf eine Wiedervereinigung.

ORF 1 behält Chefredakteur

Zur neuerlichen Reorganisation könnte Wrabetz Druck aus dem Stiftungsrat motiviert haben. Im Sonntag veröffentlichten Gespräch mit dem STANDARD verlangte der Vorsitzende des Finanzausschusses, Thomas Zach, weitere Sparmaßnahmen im ORF, um Geld für Programm freizumachen. In den Finanzausschuss am Montag lud Zach, zugleich Sprecher der größten, ÖVP-nahen Fraktion im Stiftungsrat, alle vier Bereichsdirektoren des ORF ein, um sie nach weiteren Sparmöglichkeiten zu befragen. Donnerstag beschließen die Stiftungsräte das ORF-Budget für 2020.

Montag im Finanzausschuss hörten sich Wrabetz’ neuerliche Reorganisationspläne schon wieder etwas weniger dramatisch an, sagen Sitzungsteilnehmer.

Die Kurznachrichten auf ORF 1, die sogenannten ZiB Flashes, solle künftig die weit größere Infomannschaft von ORF 2 übernehmen.

Die längeren Formate solle aber weiterhin die Infomannschaft ORF 1 bestreiten – die aber auf das Nötigste reduziert werde. Wrabetz zählt dazu etwa das für 21 Uhr geplante wöchentliche Newsmagazin in ORF 1, das donnerstags nach den Dok 1-Dokumentationen laufen könnte, wo derzeit Talk 1 das Dok-Thema noch bespricht. Auch Magazin 1 soll weiterhin von einer Infomannschaft des Kanals bespielt werden.

Das werktägliche Magazin 1 um 18.10 Uhr wurde gerade unter Protest der ORF-1-Redakteure von 30 auf zehn Minuten reduziert und von Hard News größtenteils auf Unterhaltung und Promi-Faktor umgebaut.

Die Neuorganisation werde nun geprüft und je nach Ergebnis mit Jahresbeginn beschlossen, erklärte Wrabetz im Finanzausschuss.

Warum jongliert Wrabetz schon wieder mit der gerade erst umgebauten TV-Information? Ein paar Erklärungen bieten sich an: Eine etwas impulsive Reaktion auf Zachs ständigen Spardruck, zudem auf Kosten der durchaus den Bürgerlichen zugerechneten, erst im Mai 2018 installierten Channel-Managerin Elisabeth Totzauer und ihres Channel-Chefredakteurs Wolfgang Geier. ORF 1 soll nach STANDARD-Infos aber auch nach einer Reorganisation weiter einen Chefredakteur haben.

Die Kürzung der ORF-1-Information könnte aber auch erklären, wie Wrabetz das Gewicht Totzauers in der ÖVP für eine künftige ORF-Führung interpretiert.

Simpler ein anderer Erklärungsansatz: Hauptzweck der Teilung der TV-Information in Zeiten der ÖVP-FPÖ-Koalition war, den Sozialdemokraten Fritz Dittlbacher als TV-Chefredakteur abzulösen. Sein Job existierte nach der Teilung in zwei Informationsteile nicht mehr, Geier und Matthias Schrom-Kux, in den die damalige Regierungspartei FPÖ einige Hoffnungen setzte, wurden Chefredakteure. Dittlbacher arbeitet in gleicher Dienstklasse nun wieder als TV-Redakteur. Nun kann man die aufwendigere Doppelstruktur wieder einsparen.

Info-Chef Wrabetz

Werner Mück unterstanden als Chefredakteur die aktuelle Information wie auch die Magazine – das ist nun nicht mehr der Fall. Aber selbst in Zeiten von Mück war der TV-Chefredakteur einem Infodirektor zugeordnet. Seit 2017 ressortiert die TV-Information zum ORF-Generaldirektor selbst. (Harald Fidler, 9.12.2019)