Im Oktober 2020 will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Verschärfung der Klimaziele bis 2030 vorlegen.

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Brüssel/Wien – Nur wenige Tage nach ihrem Amtsantritt will EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ernst machen mit dem Klimaschutz. Am Mittwoch legt sie ein Paket mit etwa 50 Maßnahmen vor, die die EU bis 2050 klimaneutral und zum Weltführer im Klimaschutz machen sollen. Bis 2030 will die Kommission den CO2-Ausstoß um mindestens 50 Prozent verringern.

Der Vorschlag, der in Form einer etwa 16 Seiten langen Mitteilung daherkommt, sei erst der Anfang einer jahrelangen Debatte, hieß es. "Das wird ein dickes Brett", ist man sich in der EU-Kommission des zu erwartenden Widerstands von Mitgliedsstaaten und Interessenvertretern bewusst.

"Gerechter Übergangsmechanismus"

Konkret trifft die EU-Kommission am Mittwoch eine Grundsatzentscheidung über die nächsten Klimaschutzmaßnahmen und legt dafür einen Zeitplan vor. Ende Jänner will sie bereits einen Gesetzesvorschlag für einen "gerechten Übergangsmechanismus" vorlegen, der einzelnen EU-Staaten den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen finanziell abgelten soll. Der genaue Umfang sei noch in Diskussion, erwogen würden aber "hunderte Millionen Euro".

Insgesamt will von der Leyen für einen Klimaschutz-Investitionsplan für die nächsten zehn Jahre eine Billion Euro mobilisieren. Die Diskussion steht in engem Zusammenhang mit der Debatte über das EU-Mehrjahresbudget von 2021 bis 2027, ein Viertel der Ausgaben soll nach dem Willen der EU-Kommission klimarelevant sein.

EU-Gipfel am Donnerstag

Ende Februar oder Anfang März will die Kommission dann einen Vorschlag unterbreiten, wie die CO2-Neutralität bis 2050 in einem Klimagesetz verbindlich verankert wird. Eine neuerliche Diskussion darüber wird es beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag geben. Im Juni hatten Polen, Ungarn, Tschechien und Estland das Ziel der EU-Klimaneutralität bis 2050 nicht mitgetragen. Estland hat mittlerweile seinen Widerstand aufgegeben, die anderen drei warten noch auf angekündigte finanzielle Kompensationen, sagen EU-Diplomaten.

Im Oktober will von der Leyen dann die angekündigte Verschärfung der Klimaziele bis 2030 vorlegen. Bisher hat die EU eine Senkung der Treibhausgasemissionen von 40 Prozent vorgesehen. Am Mittwoch soll eine Bandbreite von mindestens 50 bis zu 55 Prozent kommen. Die Details müssen dann noch bis Herbst ausgearbeitet werden.

Importzölle geplant

Von der Leyens Maßnahmenpaket enthält weiteren Konfliktstoff. So will die Kommission eine CO2-Grenzsteuer einführen, die Staaten wie die USA, die sich nicht zum Pariser Klimaabkommen bekennen, mit Importzöllen bestrafen soll. Von der Leyen trete dabei durchaus als "Anti-Trump" auf, hieß es in EU-Kreisen.

Außerdem will von der Leyen am Mittwoch im Rahmen des "Green Deal" bereits eine Reform der Energiesteuer-Richtlinie ankündigen. Damit sollen Steuerbefreiungen für Treibstoffe in der Luft- und Schifffahrt gestrichen werden. Den Anteil der Gratiszertifikate im Emissionshandel will die Kommission deutlich senken und auch den Straßenverkehr in den Emissionshandel einbeziehen. Finanzprodukte sollen nach neuen Klimakriterien taxiert, Vorteile für Investitionen in fossile Brennstoffe abgeschafft und Investments in Öko-Bereiche gefördert werden.

Nachbesserungen nötig

2020 will die Kommission überdies Korrekturmaßnahmen zu den nationalen Klimaschutzplänen vorschlagen. Mit Ausnahme der erneuerbaren Energien hält sie auch die von Österreich geplanten Maßnahmen bei Verkehr, Gebäuden und Landwirtschaft nicht für ehrgeizig genug.

Sollte beim EU-Gipfel kein Konsens zur Klimaneutralität ab 2050 erzielt werden, ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Die Gesetzgebung muss nämlich von den Umweltministern der EU und vom Europaparlament beschlossen werden. Die Minister entscheiden mit einer qualifizierten Mehrheit, Polen und andere Staaten könnten überstimmt werden.

Finanziell entschädigen will die EU nicht nur Staaten, sondern auch sozial Benachteiligte, die sich die Kosten der Klimatransition nicht leisten können. So soll etwa das Umrüsten auf klimafreundlichere Heizungen unterstützt werden. "Wir werden auf die 2,2 Millionen österreichischen Pendler nicht vergessen", sagte ein EU-Diplomat. Außerdem werde die EU kein Fleischverbot verordnen. (APA, 10.12.2019)