Ein Bericht der Volksanwaltschaft kritisiert gesetzliche Bestimmungen die zu unangemessener Bezahlung Behinderter in Therapiewerkstätten führen.

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Wien – Die Volksanwaltschaft kritisiert in einem "Sonderbericht" die rechtliche Situation von Behinderten am Arbeitsmarkt. Grundproblem sei, dass die Betroffenen in Tageswerkstätten nur ein Taschengeld statt eines Lohnes erhalten. Außerdem erwerben sie durch diese Tätigkeit keinen eigenen Anspruch auf Sozialversicherung. Kritisiert wurde in dem Bericht auch, dass es keinen inklusiven Arbeitsmarkt gibt.

"Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung", lautet der Titel des am Dienstag veröffentlichten Berichtes. Demnach erhalten Menschen mit Behinderung in Werkstätten nur ein Taschengeld in Höhe von ca. 5 Euro bis – "in sehr seltenen Fällen" – 200 Euro pro Monat.

Problematische Gesetzeslage

Die meisten Behinderten, denen eine Leistungsfähigkeit von unter 50 Prozent attestiert wurde, hätten derzeit nur die Möglichkeit, sich in einer der Beschäftigungstherapiewerkstätten zu betätigen. Neben der Auszahlung von niedrigen Taschengeldern anstelle von Lohn würden Behinderte dort oft in verschiedene Gruppen eingeteilt – je nach deren "Defiziten". Die einzelnen Gruppen erhalten Taschengelder in unterschiedlicher Höhe. Das hätten die fast 600 Besuche von Volksanwaltschafts-Kommissionen in entsprechenden Einrichtungen in den letzten Jahren gezeigt.

Diese Praxis sei von den Einrichtungen jedoch nicht frei gewählt, sondern "entspricht den Vorgaben der Fördergeber", heißt es seitens der Volksanwaltschaft. Die Einrichtungen selbst würden von den Betroffenen nämlich nicht schlecht bewertet. Viele hätten sich bei Befragungen "grundsätzlich zufrieden und positiv über die Betreuung" geäußert, wird im Bericht betont. "Gleichzeitig sind aber die (gesetzlichen) Rahmenbedingungen problematisch."

Situation am ersten Arbeitsmarkt schwierig

Auch gehe ein Werkstätten-Platz schnell verloren, wenn man zu viele Fehltage aufweist. Dann die Möglichkeit eines Krankenstandes besteht nicht. Wiedereinstiege erweisen sich als schwierig: Private Einrichtung könnten nicht gezwungen werden, eine bestimmte Person aufzunehmen, so der Bericht. Noch schwieriger sei es für Betroffene auf dem ersten (regulären) Arbeitsmarkt – etwa bei Berufsausbildungen.

Die Volksanwaltschaft empfiehlt, die gesetzliche Regelungen so zu ändern, "dass sich alle Menschen mit Behinderung mit ihren Potenzialen und Fähigkeiten beruflich einbringen können". Darüber hinaus wird die sozialversicherungsrechtliche Absicherung von in Beschäftigungstherapiewerkstätten tätigen Personen gefordert. Auch müssten neue Modelle der Entlohnung anstelle des bisherigen "Taschengeldsystems" geprüft werden. (APA, 10.12.2019)