China interniert hunderttausende Uiguren in Umerziehungslagern.

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"Wenn du nicht aufhörst, wirst du in Stücke zerhackt im Mistkübel enden" war nur eine der Drohungen, die Asiye Abdulaheb auf Facebook erhielt. Die 46-jährige Niederländerin uigurischer Herkunft hat sich am Wochenende als eine der Quellen der "China Cables" geoutet – um sich und ihre Familie zu schützen.

Im Juni hatte sie Dokumente, die die systematische Unterdrückung der uigurischen Minderheit in der westchinesischen Provinz Xinjiang belegen, auf Twitter gepostet. Der Anthropologe und Xinjiang-Experte Adrian Zenz war darauf aufmerksam geworden und hatte die Dokumente an das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten weitergeleitet. Sie waren ein nicht unerheblicher Teil der Leaks. Das ICIJ wollte dies zunächst nicht bestätigen, da es die Identität seiner Informanten schützen will.

"Ausbildungszentren"

Die "China Cables" belegen, dass Peking seit 2017 in der Westprovinz Internierungslager betreibt, in denen bis zu 1,5 Millionen Menschen gegen ihren Willen festgehalten werden. Sie zeigen detailliert auf, welche Maßnahmen von Peking direkt angeordnet wurden, um den Willen und die Identität der Inhaftierten zu brechen. Bisher hatte Peking immer von vereinzelten "Ausbildungszentren" gesprochen.

Bis zur ihrer Emigration in die Niederlande 2009 hatte die Uigurin mit ihrer Familie in Urumqi, der Hauptstadt der Provinz, gelebt und dort in einer Behörde gearbeitet. Schon damals war es immer wieder zu Spannungen gekommen, die sich 2010 in größeren Unruhen mit 200 Toten entluden.

Accounts gehackt

Woher Abdulaheb die Dokumente erhalten hat, wollte sie bisher nicht sagen. Seitdem aber erhält die Mutter zweier Kinder Todesdrohungen. Sowohl ihr Hotmail-Account als auch mehrere Social-Media-Konten seien gehackt worden, sagte sie der niederländischen "Volkskrant".

Ihr Ex-Mann sei im September von einem alten Freund aus Xinjiang überraschend nach Dubai eingeladen worden. Dort hätten ihn chinesische Beamte zu überreden versucht, seine Frau auszuspionieren. Außerdem habe man ihm gedroht: "Wir wissen alles über euch. Wir haben viele Leute in den Niederlanden." Abdulahebs Aussagen konnten bisher nicht verifiziert werden. Die Methoden aber decken sich mit Erzählungen anderer Exil-Uiguren über Drohungen gegen sie. Abdulaheb sagte, sie fühle sich erleichtert, seit sie ihre Identität enthüllt habe. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 10.12.2019)