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Maria Lasizkene, dreimalige Weltmeisterin im Hochsprung, attackierte die Sportfunktionäre in ihrer Heimat: "Es ist nicht der Westen, der Russland angreift. Ihr selbst habt uns Athleten verraten."

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Sportfreund Putin, hier bei der Schwimm-WM 2015 in Kasan, besucht gern Großevents in seiner Heimat. Künftig gibt es weniger Gelegenheit dazu.

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Der Papst ist katholisch, der Einzelfall blau, und Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hat die Dopingsperre seines Landes als "politisch motiviert" bezeichnet. Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hat Russland wegen erwiesener Manipulationen für vier Jahre von Großereignissen ausgeschlossen, so dürfen russische Sportlerinnen und Sportler etwa bei den Olympischen Sommerspielen 2020 (Tokio) und bei den Winterspielen 2022 (Peking) nur als "neutrale Athleten" starten. Zudem darf sich Russland in dieser Zeit auch nicht um die Austragung großer Wettkämpfe bewerben.

Die Sperre "widerspreche", so Putin, der Olympischen Charta, und man habe "alle Gründe, Einspruch einzulegen". Dem russischen Olympischen Komitee ist laut Putin "nichts vorzuwerfen. Und wenn diesem Komitee kein Vorwurf gemacht wird, sollte das Land an Wettbewerben unter seiner eigenen Flagge teilnehmen", erklärte Putin am Rande des Ukraine-Gipfels in Paris.

21 Tage Zeit

Man habe neben einem Einspruch vor dem Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne auch andere Überlegungen, so Putin weiter. "Aber es ist wichtig, dass die Angelegenheit von Spezialisten analysiert wird, von Anwälten, die über dieses Wissen verfügen." Russland hat nun 21 Tage Zeit, den Cas anzurufen.

Der deutsche Sportrechtsexperte Michael Lehner würde Russland diesen Schritt nahelegen, "weil es auch für künftige Handhabungen einer Rechtssicherheit bedarf. Die kriegen wir im Schiedsgerichtssystem der internationalen Sportgerichtsbarkeit nur über den Cas."

Lehner selbst äußert sich durchaus kritisch zum Urteil gegen Russland. "Ich halte es für sehr schwierig. Ob das in der Abwägung zwischen Individualschuld und Globalschuld wirklich gerecht und angemessen ist, wage ich, zu bezweifeln." Er würde auch infrage stellen, ob im Kampf gegen Doping damit ein Erfolg erzielt worden sei. In diesem Kampf hat laut Lehner auch die Wada in den letzten Jahren kaum geglänzt. Der Jurist hat "den Eindruck, dass man den maximalen Bestrafungshammer herausholt, damit man gut dasteht".

Sollte Russland den Cas anrufen, rechnet Lehner nicht mit einer schnellen Entscheidung. Auch das Zeitfenster zu den Olympischen Spielen in Tokio (ab 24. Juli) hält er für knapp bemessen. "Das ist eine verdammt kurze Zeit. Ein halbes Jahr beim Cas ist gar nichts", sagte er.

Ähnlich wie Putin hatte sich zuvor bereits Premierminister Dmitri Medwedew geäußert und von einer "Fortsetzung der bereits chronisch gewordenen antirussischen Hysterie" gesprochen. Gleichzeitig hatte Medwedew allerdings eingeräumt, dass es in Russland "erhebliche" Probleme mit Doping gebe: "Es ist unmöglich, dies zu leugnen."

Attacke einer Weltmeisterin

Die dreifache russische Hochsprung-Weltmeisterin Maria Lasizkene strebt trotz der Sanktionen gegen ihr Land ihre Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio an. "Ich habe den Geschichten nicht geglaubt, dass alles gut wird. Was heute passiert ist, ist eine Schande", schrieb die überragende Hochspringerin der vergangenen Jahre in einem offenen Brief auf Instagram.

Gerichtet war der Brief an die Verantwortlichen des Sportministeriums und des russischen NOK. Lasizkene fragt: "Warum habt ihr uns nicht beschützt?" Heftig kritisierte die Weltmeisterin von 2015, 2017 und 2019, wie die Sportfunktionäre mit Dopingproblemen umgegangen seien. Als neutrale Athletin im Jahr 2020 anzutreten sei für sie nichts Neues, denn seit 2016 gelten ähnliche Einschränkungen für Russen. "Das habe ich in den letzten Jahren immer gemacht. Das Einzige, was mich stört, ist, dass Athleten alleine kämpfen und unsere Sportbehörden die ganze Zeit nur Lippenbekenntnisse zu unserer Verteidigung abgegeben haben", hielt Lasizkene fest und attackierte die Verbandsfunktionäre ihres Landes. "Es ist nicht der Westen, der Russland angreift. Ihr selbst habt uns Athleten verraten." (red, 10.12.2019)