Nicht allzu lange nach dem Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahren hatten sich die Pinguine schon an ein Leben im Meer angepasst. Im Bild die neuvorgestellte Art Kupoupou.
Illustration: Jacob Blokland, Flinders University

30 bis 120 Zentimeter groß, Frackträger und an Land eher ungeschickt – Pinguine vermitteln nicht unbedingt den Eindruck einer dominanten Lebensform. Doch sie hatten ihre Ära der Größe, berichten Forscher der australischen Flinders University im Fachjournal "Palaeontologica Electronica". Ihr Zeitfenster öffnete sich mit dem Verschwinden der Dinosaurier und anderen großen Reptilien des Erdmittelalters. Und die Pinguine haben dieses Fenster mit überraschender Schnelligkeit genützt.

In ihrer Studie beschreiben die Forscher um Jacob Blokland die Fossilien einer bislang unbekannten Pinguinart, die auf den Chathaminseln, einem kleinen Archipel nahe der neuseeländischen Südinsel, gefunden worden waren. Die Ausgrabungen fanden zwischen 2006 und 2011 statt – nun steht auch fest, dass man es mit einer neuen Art zu tun hat. Sie erhielt die Bezeichnung Kupoupou stilwelli. "Kupoupou" stammt aus der Sprache des auf den Chathaminseln lebenden Moriori-Volks und bedeutet soviel wie "tauchender Vogel".

Pioniere der Pinguinwelt

Die Fossilien werden auf ein Alter von 62,5 bis 60 Millionen Jahren geschätzt. Damit lebte Kupoupou in der Epoche unmittelbar nach dem Asteroideneinschlag, der die irdische Fauna zu einer kompletten Neuaufstellung gezwungen hatte. Bisher ist nur ein vergleichbar alter Pinguin bekannt: Waimanu manneringi, ebenfalls in Neuseeland gefunden, war allerdings noch nicht so gut an eine schwimmende Lebensweise angepasst und hätte äußerlich eher einem Seetaucher als einem heutigen Pinguin geähnelt.

Kupoupou hingegen sah schon eher so aus, wie wir uns heute einen Pinguin vorstellen. Unter anderem waren seine Beine im Verhältnis zum Körper kürzer als die seiner zeitgenössischen Verwandten – wenn Kupoupou zum Brüten oder zur Mauser an Land ging, musste er also bereits watscheln. Aufgerichtet war er etwa so hoch wie ein heutiger Königspinguin, höchstens 1,10 Meter.

Einmalige Chance flink genutzt

Ein Riese war er also nicht, aber er lebte auch in einer Ära stark verringerter Durchschnittsgröße. Die Tierwelt hatte sich damals noch lange nicht von den Folgen des Asteroideneinschlags vor 66 Millionen Jahren erholt. Fast die gesamte Megafauna war bei der globalen Katastrophe ausgestorben – nicht nur die Dinosaurier an Land, sondern auch die nicht minder großen Mosasaurier und Plesiosaurier in den Meeren. Damit wurde eine ökologische Nische frei, und die Pinguine waren die ersten Landwirbeltiere, die sie wieder nutzten.

Einen allzu langen evolutionären Anlauf konnten sie für den Gang ins Meer nicht nehmen. Der Ursprung der Pinguine reicht nach heutigem Wissensstand etwa 68 Millionen Jahre bis in die späte Kreidezeit zurück. Damals trennten sich die Ur-Pinguine von ihren nächsten Verwandten, den Ahnen der heutigen Albatrosse und Sturmvögel, ab und bildeten eine eigene Gruppe. Allerdings waren sie noch keine reinen Schwimmer, sondern bloß eine Gruppe von Seevögeln unter vielen. Vermutlich konnten die kreidezeitlichen Pinguine sogar noch fliegen, sagt Paul Scofield vom Canterbury-Museum im neuseeländischen Christchurch.

Icadyptes salasi (rechts) gehörte zu einer Reihe von Pinguinarten, die die Ausmaße eines erwachsenen Menschen erreichten.
Illustration: APA/EPA/PNAS

Der Einschlag des Asteroiden fungierte dann jedoch wie ein Startschuss, mit dem sich diese spezielle Gruppe von Seevögeln dem Leben im Meer stärker hingab als jede andere. Wie Kupoupou zeigt, brauchten die Pinguine nach evolutionären Maßstäben bemerkenswert wenig Zeit, um sich von Durchschnittsvögeln zu einer einzigartigen Gruppe zu entwickeln.

Den Vorsprung, den sie sich so verschafft hatten, konnten die Pinguine nutzen. Für einige Zeit waren sie nun die größten Landwirbeltiere in den Meeren und in ihrer ökologischen Nische weitgehend konkurrenzlos, auch wenn sie stets auf die Südhalbkugel beschränkt blieben. In weiterer Folge brachten sie sogar einige Riesenarten hervor, soll heißen: ziemlich genau in Menschengröße, bis zu 1,80 Meter hoch und 80 Kilogramm schwer. Noch mehr war vermutlich nicht drin, da sie zur Brut noch immer an Land zurückkehren mussten.

Das Ende vom Lied

Dieses Problem hatte die Konkurrenz, die die Herrschaft der Pinguine schließlich beenden sollte, nicht. Niemand hätte zu Zeiten von Kupoupou und seiner Nachfahren vorhersagen können, dass diese Konkurrenz ausgerechnet aus den Reihen von Tieren kommen würde, die sich so gut ans Laufen angepasst hatten, dass sich bei ihnen Hufe herausbildeten. Doch just die Paarhufer schickten etwa zehn Millionen Jahre nach den Pinguinen die nächste Welle von Landwirbeltieren ins Wasser – die Ahnen der Wale. Als sich diese immer mehr ausdifferenzierten und ihnen schließlich auch noch die Robben folgten, war die Zeit der großen Pinguine vorbei. Seitdem spielen sie höchstens noch die dritte Geige. (jdo, 15. 12. 2019)

Bild nicht mehr verfügbar.

Der 60 Kilogramm schwere Kairuku grebneffi war einer der letzten Riesenpinguine. Er lebte bis vor etwa 25 Millionen Jahren.
Illustration: University of Otago/AP/dapd