Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Barbara Teiber, bezeichnet die Pläne der Wirtschaftskammer als "heftige Geschichte".

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Wien – Dass es zu Verschärfungen für Beschäftigte im Krankenstand kommt, befürchtet die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA). Als Beleg zitieren die Arbeitnehmervertreter ein ihnen zugespieltes Positionspapier, das von Wirtschaftsvertretern stammt.

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Die Gewerkschafter kritisieren vor allem zwei Forderungen. Erstens sollen Dienstgeber bei Missbrauchsverdacht eine Überprüfung anordnen dürfen – bisher konnten sie eine Kontrolle durch die Krankenkassen nur anregen. Zweitens soll die Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit künftig neben Beginn und voraussichtlicher Dauer auch die Ursache des Krankenstands anführen.

Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Barbara Teiber, bezeichnete den Ruf nach schärferer Kontrolle als "heftige Geschichte". Es gebe jetzt schon zahlreiche Überprüfungen, und es mache einen großen Unterschied, ob der Dienstgeber eine Überprüfung anregen oder anordnen kann.

Mehrheitsbeschluss möglich

"Noch heftiger" findet die GPA-djp-Vorsitzende, dass die Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit nicht nur den Beginn, sondern auch die voraussichtliche Dauer und die Ursache des Krankenstands sowie die ärztlich angeordneten Ausgehzeiten bzw. Bettruhe beinhalten soll. Im Entgeltfortzahlungsgesetz ist zwar schon jetzt vorgesehen, dass der Dienstnehmer dem Dienstgeber eine Bestätigung über Beginn, voraussichtliche Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen hat. Die Wirtschaft verweist in ihrem Forderungspapier allerdings darauf, dass Bestätigungen oftmals keine voraussichtliche Dauer vorsehen und "den Dienstgeber mangels Planbarkeit unnötig belasten". Teiber erklärte dazu, dass es im Entgeltfortzahlungsgesetz nur um die Dauer der Entgeltfortzahlung gehe, die im Falle eines Arbeitsunfalls länger gehe als bei anderen Gründen.

Auch die Ärztekammer meldet Einspruch an. "Wir lehnen ab, dass die Ursache des Krankenstands angegeben werden muss," sagt Österreichs Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres auf STANDARD-Anfrage. "Es gibt ja sehr heikle Gründe wie etwa psychische Erkrankungen. Diesen Stempel will niemand verpasst bekommen."

Entscheidungstag nächste Woche

Beschlossen werden soll die neue Krankenordnung für die ÖGK am kommenden Dienstag im sogenannten Überleitungsausschuss. Für die Gewerkschafterin Teiber ist "zu befürchten", dass die Wirtschaftskammer für ihre Vorstellungen auch eine Mehrheit bekommt. Zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern herrscht zwar Parität, allerdings sei derzeit nicht absehbar, wie der ÖAAB-Vertreter auf Arbeitnehmerseite abstimmen werde.

Die GPA-Vorsitzende sieht in den von der Wirtschaft geforderten Verschärfungen jedenfalls einen "Generalverdacht" gegenüber den Arbeitnehmern. Darin komme "eine Haltung des Misstrauens gegenüber den Beschäftigten" zum Ausdruck. Die ÖGK solle damit im Sinne der Dienstgeber instrumentalisiert werden, man könne nun erkennen, warum die Arbeitgeber die Änderung der Mehrheitsverhältnisse wollten. Teiber glaubt, dass die Wirtschaft die von der türkis-blauen Regierung angekündigte Leistungsharmonisierung auf hohem Niveau nun gegen die Verschärfungen beim Krankenstand eintauschen will.

Wirtschaftsbund: Es geht um Fairness

Beim Wirtschaftbund kann man die Aufregung über seine Forderung nicht nachvollziehen. Eine Änderung der Krankenordnung sei nämlich Aufgabe der Hauptversammlung der Gesundheitskasse (ÖGK) und nicht des Überleitungsausschusses, argumentierte Generalsekretär Kurt Egger in einer Stellungnahme.

"Die Aufregung der Gewerkschaft und der SPÖ-Vorsitzenden (Pamela, Anm.) Rendi-Wagner ist in keinster Weiße nachvollziehbar", sagte Egger. Ziel für den Wirtschaftsbund sei es, stärker gegen den Missbrauch von Krankenständen vorzugehen, so Egger. "Hier geht es um Fairness gegenüber Arbeitskollegen und den Versicherten. Das kann aus unserer Sicht auch nur im Interesse der Gewerkschaft sein." Deshalb solle die ÖGK am 17. Dezember damit beauftragt werden, eine Analyse zum Missbrauch von Krankenständen durchführen. Darauf aufbauend sollen Maßnahmen beraten werden.

Wirtschaftskammer versucht zu beruhigen

Die Wirtschaftskammer versucht ebenfalls, die Wogen zu glätten. Es gehe weder um einen Generalverdacht, noch um die Bekanntgabe von Diagnosen, heißt es auf Anfrage: Das widerspräche der ärztlichen Schweigepflicht.

Allerdings gehe man schon davon aus, dass auch die Gewerkschaft Interesse daran habe, dass Missbrauch von Krankenständen nicht toleriert wird. Einen Beschluss der Forderungen bereits am Dienstag will die Kammer gar nicht ins Auge gefasst haben: Die ÖGK solle erst einmal eine Analyse durchführen, ehe es um konkrete Maßnahmen geht. (APA, Gerald John 11.12.2019)