Von der Leyen wertet ihren "Green Deal" als Chance.

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Der Europäische "Green Deal" ist am Mittwoch bei einer Sondersitzung des EU-Parlaments präsentiert worden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte den Abgeordneten den Pakt vor. "Das ist Europas 'Mann auf dem Mond'-Moment", sagte die Kommissionschefin.

Das Parlament wollte sich zu jeder einzelnen gesetzgeberischen Initiative äußern und kündigte eine Entschließung an, über die im Jänner abgestimmt wird. Am Donnerstag beraten EU-Staats- und Regierungschefs, ob sie das Ziel der Klimaneutralität 2050 offiziell annehmen. Bei der Finanzierung des Green Deal setzt von der Leyen auf Investitionen in Höhe von einer Billion Euro.

Auch im Nationalrat war der Pakt heute Thema: Die Klimapolitik Europas müsse nachhaltig sowie wirtschaftlich und sozial ausgewogen gestaltet sein, unterstrichen ÖVP, SPÖ, Grüne und Neos in Anlehnung an von der Leyens Green Deal. Die FPÖ wollte die Bekämpfung der Klimakrise nicht völlig ausblenden, ein stärkeres Vorgehen gegen illegale Migration ist aber ihr Hauptanliegen.

Verstärkte Maßnahmen wurden indes von Umweltschutzorganisationen gefordert: WWF und Global 2000 haben den Pakt zwar begrüßt, fordern aber "mehr Mut". Ähnlich äußerte sich die Grünen-Delegationsleiterin im Europaparlament, Monika Vana. Mit dem Green Deal verfehle die EU nämlich das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens.

Vision: Klimaneutralität

Klimaneutralität bedeutet, dass von 2050 an keine neuen Treibhausgase aus Europa in die Atmosphäre gelangen, um die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Dafür muss der größte Teil der Klimagase, die zum Beispiel bei der Verbrennung von Kohle, Öl oder Gas und in der Landwirtschaft entstehen, vermieden und der Rest gespeichert werden. Zum Green Deal gehört ein Zwischenziel für 2030: Bis dahin sollen die Emissionen um 50 bis 55 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. Bisher hat sich die EU ein Minus von 40 Prozent vorgenommen.

Bei der Präsentation des Green Deal sagte Von der Leyen sinngemäß, dass die EU-Kommission auf die gesellschaftliche Stimmung gehört habe – unter anderem auf besorgte europäische Bürger. Das Klima sei die Priorität ihres politischen Programms. Für eine Umsetzung sei das Parlament nötig. Und: "Man wird mehr als eine Generation benötigen, um dieses Ziel zu erreichen", so von der Leyen.

2020 werden die Kommission dann das erste europäische Klimagesetz vorlegen. Es werde klare Regeln geben, damit Investoren und innovative Unternehmen langfristig die Investitionen planen können. "Dann werden wir auch einen Plan vorlegen, um die Emissionen zu senken", so von der Leyen. "Wir wollen so ehrgeizig und realistisch wie möglich vorgehen. Alles wird für den Klimagipfel 2025 in Glasgow fertig sein."

Für Regionen, die aufholen müssen, werde ein "gerechter Übergangsmechanismus" kommen und im nächsten Jahr präsentiert. Das gilt etwa für polnische Kohleregionen. Der "Just Transition Fund" (Übergangsfonds) wird öffentliches und privates Geld bündeln und von der EIB verwaltet werden. Durch den Mechanismus sollen in den nächsten sieben Jahren "Investitionen in der Höhe von 120 Milliarden Euro" getätigt werden.

Der Übergang betreffe nicht nur die Groß- und Kohleindustrien. "Nein, es ist auch eine Chance für unsere Landwirte", ist sich die neue EU-Kommissionschefin sicher. Der Green Deal werde sich um das natürliche Erbe der Union kümmern, die Biodiversität werde gefördert.

Moderne Mobilität

Beim Green Deal gehe es nicht nur um Emissionen, so von der Leyen. Es gehe um das Fördern von Innovationen, hochwertiges Essen und auch um moderne Mobilität. "Heute investieren wir in erneuerbare Energien, in Algorithmen", verglich von der Leyen den Green Deal mit den seinerzeitigen Investitionen am Startpunkt der EU mit der ursprünglichen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Der Grüne Pakt werde nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden.

Die Kommission werde arbeiten, nicht nur sprechen, versprach sie: "Ein ganzer Kontinent muss jetzt mobilisiert werden." Kritikern, die der Meinung sind, die Kosten des Wandels seien zu hoch, stellte von der Leyen die Frage: "Was wird es kosten, wenn wir nicht handeln?" Sie zählte dann Milliardenschäden wegen Umweltverschmutzung und der Klimaerwärmung auf. Doch man könne dem etwas entgegensetzen: "Es ist noch nicht zu spät." Die Kosten des Wandels würden nachhaltig gestaltet werden. Die Menschen gingen nicht umsonst für Klimaschutz auf die Straße, kauften lokale Lebensmittel und verzichteten auf Plastik. (red, APA, 11.12.2019)