Mehrere Länder erhöhen aktuell ihre Kulturbudgets. Nach Jahren der Stagnation will man wieder mehr in Kunst investieren.

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Zahlen hinsichtlich der öffentlichen Kulturfinanzierung sind aufgrund unterschiedlicher Berechnungsweisen nicht einfach zu vergleichen. Die Kulturplattform Oberösterreich (Kupf), Interessenvertretung für über 150 freie Kunst- und Kulturinitiativen, hat es dennoch versucht und die Kulturbudgetentwicklung der Bundesländer der letzten 20 Jahre analysiert. Das Ergebnis: Während die Etats vor der Wirtschaftskrise ab 2008 sukzessive gesteigert werden konnten, herrschte danach Stagnation und Rückgang.

Nun aber gibt es Hinweise auf eine Trendwende, denn mit Wien, Salzburg und Oberösterreich haben sich aktuell wesentliche Kulturträger des Landes entschieden, ihre Budgettöpfe wieder gut zu füllen.

2018 gab Wien pro Kopf 162 Euro, Salzburg 190 Euro und Oberösterreich184 Euro für Kunst und Kultur aus. Interessant ist, dass die Pro-Kopf-Ausgaben sogar in allen neun Bundesländern ähnlich gelagert sind.

In absoluten Zahlen investierte Wien 2018 rund 306 Millionen, Salzburg 105 Millionen und Oberösterreich 272 Millionen. 2020 budgetieren nun alle drei Länder größere Erhöhungen der Etats. Die Motive dahinter und die Schwerpunktsetzung sind allerdings unterschiedlich, wie ein genauerer Vergleich zeigt.

WIEN: + 10 Prozent

Das neue Wien Museum ist der größte Brocken im Wiener Kulturbudget. Es wird um 10 Prozent erhöht.

Wien ist anders? Ganz bestimmt. Denn allein die Erhaltung jener in der Monarchie wurzelnden Strukturen, die die Kulturmetropole von einstiger Weltgeltung auszeichnen, verschlingt viel Geld, das andere Bundesländer in Neues stecken können. Die sogenannte freie Szene, die Vielzahl kleiner bis mittlerer Kunstvereine und Initiativen, kam in den vergangenen Jahren deswegen gehörig unter die Räder.

Veronica Kaup-Hasler, 2018 in der rot-grün geführten Stadtregierung als Kulturstadträtin vom Fach (sie war jahrelang Intendantin des Steirischen Herbstes) angetreten, will erkannt haben, wo der Schuh drückt. Ihr Credo: Man dürfe sich nicht dem Zwang unterwerfen, immer mehr und mehr Kunst produzieren zu wollen, sondern müsse das, das es gibt, qualitativ besser und vor allem gerechter bezahlt umsetzen. Das heißt für sie auch, dass die öffentliche Hand Sicherheit bei Förderungen geben muss, sprich inflationsbedingte Teuerungen regelmäßig abgefedert werden sollen. Diese Valorisierung – alle zwei bis drei Jahre soll das Budget angehoben werden – ist ihr Ziel, sofern der Finanzstadtrat mitzieht.

Wien Museum, Volkstheater, freie Szene

Für 2020 ist das Kaup-Hasler im Gegensatz zu ihrem Vorgänger gelungen: Gleich um 26 Millionen (zehn Prozent) konnte sie das Budget erhöhen, was selbst Oppositionsparteien Respekt abnötigte. Wohin fließen die Mittel? Zwar schlägt das Großprojekt Wien-Museum neu mit sieben Millionen zu Buche, aber auch alle anderen Bereiche sollen profitieren: 4,3 Millionen gehen in den Theaterbereich, wovon zwei das angeschlagene Volkstheater bekommt. Die restlichen 2,3 Millionen gehen an Klein- und Mittelbühnen, darunter die freie Szene. Drei Millionen Euro fließen in Kulturprojekte in den äußeren Flächenbezirken, deren Aufwertung sich Kaup-Hasler kulturpolitisch vorgenommen hat.

Die IG Kultur, Interessenvertretung der freien Szene, zeigt sich entsprechend erfreut über die Erhöhungen. Der Anteil für Kultur am Gesamtbudget der Stadt sei nunmehr auf 1,7 Prozent gestiegen, "Ziel in den kommenden Jahren solle es aber sein, bei zwei Prozent zu landen", fordert die IG.

Nach zwei Studien des Bundes über die prekäre soziale Lage der Kulturschaffenden, die vielerorts politisch folgenlos geblieben sind, sieht Kaup-Hasler Handlungsbedarf: Es könne doch nicht sein, meint sie, "dass Initiativen ein kritisches, linkes Programm machen und dabei selbst unter armutsgefährdenden Bedingungen produzieren. Das ist ein Widerspruch."

SALZBURG: +10 Prozent

Salzburgs Landeshauptmann will auf dem Mönchsberg ein Fotomuseum des Bundes unterbringen. Dieser solle überhaupt ein "Konjunkturpaket Kulturbauten" schnüren.
Foto: Museum der Moderne

Den allzu häufig auftretenden Verteilungskampf um die Kulturmillionen zwischen großen öffentlichen Museen und Theatern auf der einen und kleinen bis mittleren Initiativen auf der anderen Seite, versucht man in Salzburg mit dem guten alten Proporz zu entschärfen: Während VP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer die Museen und Festspiele verantwortet, darf der grüne Landesrat Heinrich Schellhorn sich als Schutzherr der freien Szene profilieren. Eine Rollenverteilung, die durchaus Früchte auf beiden Seiten trägt.

Um insgesamt zehn Prozent wird man das kommende Kulturbudget erhöhen, eine automatische Inflationsanpassung (Valorisierung) des Etats um jeweils zwei Prozent ist per Landtagsbeschluss auch für die folgenden Jahre vorgesehen. Haslauer, der gern ein Fotomuseum des Bundes auf dem Salzburger Mönchsberg verwirklicht sähe sowie an einer Dependance des Wiener Belvedere und einer umfassenden Sanierung des Festspielhauses arbeitet, steht in den Startlöchern, um auf einen demnächst kommenden Kulturminister einzuwirken.

Konjunkturpaket Kulturbauten

Konkret will der Landeshauptmann ein "Konjunkturpaket Kulturbauten" im nächsten Regierungsprogramm haben, wovon nicht nur die Salzburger Projekte profitieren, sondern "gerade auch Bedarf in Wien oder bei den Bregenzer Festspielen" gedeckt werden solle.

Heinrich Schellhorn indes konnte Freudiges für die freien Initiativen Salzburgs verkünden: Rund 700.000 Euro mehr gibt es für diese im Jahr 2020. Schellhorns Bemühungen finden auch bei Thomas Randisek, Interessenvertreter zahlreicher Kulturvereine, Beifall. Kritik hingegen übt Randisek an der VP-geführten Salzburger Stadtregierung. Diese würde aktuell bei der Kultur den Rotstift ansetzen, "unbegründet und nicht nachvollziehbar". Man sieht sich als "Opfer politischer Willkür", offenbar würde "Revanche geübt, weil die freie Szene wieder zu frech gewesen ist". Schellhorn will über solche Einschnitte hinweghelfen, er versucht aber auch gleichermaßen die Volkskultur lebendig zu halten.

Und trotz aller Harmonie an der Salzach gibt es hin und wieder auch Misstöne: Als im Sommer bekannt wurde, dass die Salzburger Festspiele just nach einem Klimawandelschwerpunkt die OMV und Gazprom als Sponsoren an Bord holen, widersprach Schellhorn dem Landeshauptmann, der darin keinen Widerspruch sehen wollte. "Kultursponsoring ist ein schwieriges Unterfangen", sagt Schellhorn, aber natürlich müsse es ethische Kriterien geben. "Gazprom ist das falsche Signal."

OBERÖSTERREICH: +5 Prozent

Das Landesmuseum in Linz soll aus der öffentlichen Verwaltung in eine GmbH ausgegliedert werden.
Foto: Ernst Grilnberger

Seitdem Oberösterreichs VP-Landeshauptmann Thomas Stelzer 2017 mit einem umfassenden Sparpaket vorstellig wurde, das auch die Kultur mit einschloss, hängt der kulturpolitische Haussegen im Land ziemlich schief. Ungehört und ungewollt sieht sich die freie Szene: "Nur noch 2,5 Prozent des Kulturbudgets gehen in die Förderung von Oberösterreichs zeitgenössischen KünstlerInnen und Kulturvereinen. Zu Beginn des Jahrtausends lag dieser Anteil noch zwischen 6 und 7 Prozent", rechnet Thomas Diesenreiter vor, der mit der Kulturplattform Oberösterreich (Kupf) die Interessen zahlreiche kleiner und mittlerer Initiativen vertritt.

Stelzer stellt eine andere Rechnung an: Indem er mehrere Budgetposten, die ebenfalls zeitgenössische Kunst umfassen, adiert, kommt er auf 35 Prozent Anteil. Verhärtete Fronten also, wobei vonseiten der Landesregierung zuletzt auch die Causa KTM nicht gerade vertrauensbildend wirkte. Wegen der umstrittenen Millionensubvention für die Motohall des Kfz-Herstellers liefert nicht nur die Kupf Stelzer einen Kampf, auch der Landesrechnungshof prüft und soll im Februar seinen Bericht vorlegen. Stelzer steht weiter zu der Subvention und betont, dass die bisher an KTM ausgezahlten Mittel von 1,2 Millionen aus dem Finanzressort stammten, über die Direktion Kultur ausbezahlt, aber "nicht zu Lasten anderer Kulturinitiativen" gegangen sein sollen.

Ausgliederung des Landesmuseums

Unabhängig davon sind im neuen Doppelbudget für 2020/2021 für Kunst und Kultur wieder gut fünf Prozent Erhöhung vorgesehen. Das schwarz-blau geführte Land werde "eine bunte Kulturlandschaft in einem kulturell offenen Klima gestalten", sagt Stelzer. Neben der Erarbeitung eines Kulturleitbildes will man die Ausgliederung des Landesmuseums aus der öffentlichen Verwaltung umsetzen oder auch ein biennal stattfindendes Theaterfestival für junges Publikum schaffen. Sondermittel aus anderen Budgets werden schon für Bad Ischl als Europäische Kulturhauptstadt 2024 reserviert.

Die Kupf kritisiert ein ums andere Mal, dass landeseigene Einrichtungen um 20 Millionen Euro (+11 Prozent) mehr bekämen, während die freie Szene, die man nur noch unter dem Posten "Sonstiges" führe, mit 19.000 Euro (+0,4 Prozent) Erhöhung "abgespeist" werde.

Rettung naht hingegen vonseiten der Stadt Linz, womit in Oberösterreich die umgekehrte Situation zu Salzburg eintritt: Die SP-regierte Stadt erhöht nach Jahren der Stagnation ihr Budget für freie Kulturvereine um 250.000 Euro. "Immerhin ein Anfang", meint die Kupf.(Stefan Weiss, 12.12.2019)