Die Menschenmassen, um es wohlwollend zu formulieren, werden in Wien keineswegs kleiner.

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Von drauß’ von der Shopping-Mall komm’ ich her; ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr! In diesen turbulenten vorfestlichen Tagen verdichtet sich ein Eindruck, der den Krisenkolumnisten schon seit längerem begleitet: dass nämlich die Menschenmassen, um es wohlwollend zu formulieren, in Wien keineswegs kleiner werden.

In den öffentlichen Verkehrmitteln zum Beispiel löst sich der Kontrast zwischen Stoß- und Nichtstoßzeiten sukzessive auf. Gestoßen wird praktisch immer. Wer das Lebensgefühl einer Dosensardine genießen will, hat in der U-Bahn gute Chancen, auch zu ehemals schwachen Zeiten, sagen wir: um 10.45 oder um 14.15 Uhr, fündig zu werden.

Für Frotteure sind November und Dezember die Prachtmonate schlechthin. An Black Friday oder Cyber-Monday bekommen Liebhaber menschlicher Nähe in der Mariahilfer Straße Gelegenheit, sich lustvoll an der Hälfte der Wiener Bevölkerung zu reiben, und wem das noch nicht reicht, der bekommt gratis ein paar Zehntausend Zuagraste als Bonus dazu. Geiler geht nicht.

Brachialshopper und Last-Minute-Käufer

Masse und Macht ist die zur Saison passende Lektüre. Canetti lehrt uns, dass Massen nicht ungefährlich sind, und recht hat er. Entfesselte Brachialshopper, die wie Panzer durch die Gegend fuhrwerken und alles, was ihnen in die Quere kommt, per Ellbogenstoß beiseiteräumen.

Hektische Last-Minute-Käufer, die zu patschert sind, um den erworbenen Kramuri friktionsfrei nach Hause zu transportieren, und stattdessen den Mitmenschen mit unförmigen Paketen ins Kreuz oder ins Auge fahren.

In Wien Mitte, einer geglückten Kreuzung aus Shopping-Mall und Bahnhof, schieben sich Touristen quer durch die Shopper und ziehen dabei diese winzigen Koffer hinter sich her, über die man schneller aufs Maul fallen kann, als man es sich versieht. Kurzum, vor Weihnachten kann es in der Masse manchmal unbequem werden.

Aber, mein Gott, das ist halt so, Weihnachten fordert allen Opfer ab. Gern wüsste ich, womit sich die freiheitlichen Parteifreunde heuer gegenseitig beschenken, um dieses durchwachsene Jahr festlich zu beschließen. Schenkt Hofer Kickl ein Schaukelpferd? Und was kriegt Hazee?

Gut wären Warengutscheine von der Partei, etwa für Suppenwürfel, WC-Enten oder einen schmucken Onyxaschenbecher. Der würde Strache sicher Freude machen. Außerdem ist ihm nach seinen Verdiensten für die FPÖ nicht zuzumuten, dass er das ganze Zeug selbst bezahlt. (Christoph Winder, 14.12.2019)