Franz Linschinger ist Fischer aus Leidenschaft.
Foto: Werner Dedl

Es ist ein eiskalter Morgen an den Ufern des Traunsees. In dunkler Ehrfurcht ruht der See, mächtig baut sich dahinter der "Stoa" auf. Die letzten Sommerfrischler sind längst abgezogen. Es ist die wohl ruhigste, aber auch schönste Zeit am Traunsee.

Und doch ist die Romantik aktuell grob aus dem Gleichgewicht. Der Grund für die vorweihnachtliche Problemstimmung hat seinen Ursprung in dem Spannungsfeld Tradition versus Bürokratie. Im Ring stehen die Traunseefischer und das Land Oberösterreich. Im März nächsten Jahres soll das neue Fischereigesetz beschlossene Sache sein. Für die Berufsfischer hat die gesetzliche Neuausrichtung mehrfach einen gewaltigen Haken. Und wer die Salzkammergutler kennt, der weiß, dass man dort vor der Obrigkeit noch nie in die Knie gegangen ist.

Franz Linschinger hat in seiner Stube in dem historischen Fischerhaus Platz genommen. Für den 62-jährigen Altmünsterer gehört das Fischen im Traunsee zu seinem Leben. Ob als Bub mit der Mama oder als gestandener Mann: Auf der Plätte ist Linschinger daheim. Zwischen Hecht, Rotauge und Riedling hat das Salzkammergutoriginal seinen Platz gefunden.

Fischen seit Steinzeit

Die historische Fischerei am Traunsee geht in die Steinzeit zurück. 909 ist die Fischerei bei der Reichsabtei Traunsee im heutigen Altmünster dann offiziell als Zubehör genannt. Und wurde später auf das Nonnenkloster Traunkirchen, den Pfarrhof von Altmünster, die Herrschaften Ebenzweier und Orth aufgeteilt. Ein gewohnheitliches Fischrecht und eine Fischerzeche mit Zechmeister bestanden bereits im Mittelalter. Aktuell liegt die Zahl der Fischereiberechtigten bei über 50.

Zwei Fischereirechte besitzt Franz Linschinger. Von Generation zu Generation wird dieses "Koppelfischereirecht" weitergegeben. Doch jetzt ist die Befürchtung groß, dass die Stellnetze künftig im Trockenen bleiben müssen. "Das ist eine richtige Watschn ins Gesicht. Die Großkopfertn beim Land wollen eine über Jahrhunderte gewachsene Tradition einfach abdrehen." Kurioserweise sind es die eigenen Verbandskollegen, die den bärtigen Fischer mit Händen groß wie Teller so gewaltig in Rage bringen. Befürchtet wird mit der Schaffung des neuen Gesetzes eine Entmachtung der Seefischer. Einer der Hauptkritikpunkte betrifft eben das Fischereirecht.

Streitpunkt Lizenzbuch

Linschinger: "Das ist künftig eigentlich nichts mehr wert. Denn das neue Gesetz sieht vor, dass auch wir Berufsfischer – gleich den Sportanglern – plötzlich beim Landesfischereiverband jährlich ein Lizenzbuch erwerben müssen." Der 62-Jährige sieht das Problem vor allem in der Person von Landesfischermeister Siegfried Pilgerstorfer: "Das ist ein reines Machtspiel. Er will alles kontrollieren und zentralisieren. Er hat uns auch klar gesagt: ‚Euch zeig ich, wo der Bartl den Most herholt.‘" Man werde jetzt "regelrecht enteignet". Linschinger: "Wenn man uns Fischern das Recht entzieht, ist das, wie wenn du einem Bauern sagst, sein Stück Land gehört plötzlich nicht mehr ihm." Aktuell sind Linschinger und seine Fischerkollegen verpflichtet, Abgaben an die Landwirtschaftskammer und das Revier Traunsee zu entrichten. Dazu kommt ein jährlicher Pauschalbetrag ans Finanzamt. "Auch die Revierumlage sollen wir künftig direkt an den Verband zahlen. In Linz werden dann die Gelder verteilt." Und die Gültigkeit der Jahresfischerkarte werde von der jährlichen Entrichtung der Revierumlage abhängig gemacht.

Stammtischgerüchte

Die Fischer haben juristisch aufgerüstet und mit Wildmoser/Koch & Partner eine renommierte Anwaltskanzlei geholt. In einem dem STANDARD vorliegenden Schreiben der Rechtsvertreter wird ausgeführt, dass in dem geplanten Gesetz "die in jahrhundertelanger Tradition entwickelte Netzfischerei an den Voralpenseen als Fundament der Fischereiwirtschaft nur untergeordnet Beachtung findet und damit ernstlich gefährdet ist". Und weiter: "In die Substanz des Fischereirechtes als dingliches Recht kann und darf nicht eingegriffen werden." Es werde durch die Regelung, wonach die Gültigkeit der Jahresfischerkarte von der jährlichen Entrichtung der Revierumlage abhängig gemacht ist, "massiv und verfassungsrechtlich äußerst bedenklich in das Fischereirecht als Vollrecht eingegriffen".

Für zusätzlichen Ärger in der idyllischen Fischerhütte sorgt auch ein Passus, der sich, nach massiven Protesten, mittlerweile nicht mehr im Gesetzesentwurf findet. Konkret habe es Überlegungen gegeben, die Netzfischerei an den Seen zu verbieten: "Ein Irrsinn. Da merkt man, dass es nur darum geht, die Berufsfischerei abzudrehen." Man habe überhaupt nichts gegen "klassische Sportangler". Nur könne es nicht sein, dass man "einfach von oben herab eine alte Tradition abwürgt".

Bestehendes Fischerrecht

In Linz versteht man die Aufregung nicht. Und bestreitet jeglichen Eingriff in bestehendes Fischerrecht. "Das ist doch alles völlig aus der Luft gegriffen. Das sind doch nur Stammtischgerüchte, die von Leuten verbreitet werden, die keine Ahnung haben", weist Landesfischermeister Siegfried Pilgerstorfer die Anschuldigung zurück.

Es sei nie auch nur ansatzweise ein Thema gewesen, bestehendes Recht zu beschneiden. Man wolle aber das alte Gesetz "entrümpeln". Pilgerstorfer: "Es gilt, etwa den Bereich der Finanzen zu vereinfachen: Bislang war es so, dass beim Erwerb einer Lizenz ein Euro im Geschäft geblieben ist, sieben Euro mussten ans Revier gezahlt werden und 17 an den Verband. Künftig zahlt man 25 Euro direkt an den Verband. Und über einen Verteilungsschlüssel fließt das Geld zurück in die Reviere."

Am Traunsee will man den Landesköder nicht schlucken. Linschinger: "Für uns ist eines klar: Sollte das Gesetz so beschlossen werden, gehen wir bis zum Verfassungsgerichtshof." (Markus Rohrhofer, 14.12.2019)