Bild nicht mehr verfügbar.

Ein echter Klimt oder bloß eine Kopie? Das im italienischen Piacenza wiedergefundene und dereinst vielleicht nur vermeintlich gestohlene Bild "Backfisch" gibt Rätsel auf.

Polizia di Stato via Reuters

Wenn Kunstwerke Jahrzehnte nach ihrem Diebstahl aus Museen wieder auftauchen, ist der Jubel von Direktoren und Kunsthistorikern stets ein großer. Denn statistisch gesehen ist das eher die Ausnahme als die Norm. Geklärt sind die einst ad acta gelegten Kriminalfälle damit allerdings nicht. Oft werden mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben, wie zwei aktuelle Beispiele belegen: Im italienischen Piacenza fand sich vergangene Woche in einer Nische der Gartenmauer der Galerie Ricci-Oddi ein Gemälde von Gustav Klimt, das 1997 aus den Räumlichkeiten des Museums entwendet worden sein soll.

In Deutschland sind Ermittler derweilen mit dem spektakulärsten Kunstdiebstahl in der Geschichte der DDR beschäftigt. Dabei geht es um fünf Gemälde Alter Meister, die 1979 aus dem Schlossmuseum Gotha gestohlen wurden. Die damaligen Ermittlungen verliefen schnell im Sand. Das nährte die Vermutung, dass die Werke von Holbein, Breughel sowie Kopien nach Lievens oder van Dyck in inoffiziellem Auftrag zur Devisenbeschaffung "erbeutet" worden sein dürften.

Erpressung und Hehlerei

Nun verdichten sich die Hinweise, dass sich die Beute seit Jahrzehnten in einer Privatsammlung befunden haben dürfte. 2018 wandte sich ein Anwalt im Auftrag einer Erbengemeinschaft an die Stiftung des Schlosses und stellte eine Rückgabe in Aussicht: gegen Zahlung einer "Aufwandsentschädigung", die bei kolportierten fünf Millionen Euro liegen soll. Derzeit werden die Bilder im Labor der Staatlichen Museen Berlin auf ihre Echtheit überprüft. Laut Handelsblatt fanden auf Anordnung der Berliner Staatsanwaltschaft vergangene Woche Hausdurchsuchungen statt und wird wegen versuchter Erpressung sowie Hehlerei ermittelt.

Der Fall in Italien liegt gänzlich anders und birgt Eigentümlichkeiten, die sich nicht nur mit Ermittlungspannen erklären lassen. Bis Februar 1997 hing das Backfisch betitelte Bildnis einer jungen Frau von Gustav Klimt von der Weltöffentlichkeit weitestgehend unbeachtet in der vom italienischen Kunstsammler Giuseppe Ricci Oddi in den 1930er-Jahren gegründeten Galerie.

Übermalen und Täuschen

Wenige Monate vor dem Diebstahl galt es jedoch eine kunsthistorische Entdeckung zu feiern: Eine italienische Studentin hatte bemerkt, dass es sich um ein von Klimt übermaltes Porträt handelt, hinter dem sich eine Fassung von 1910 verbarg, die als verschollen galt. Eine Sensation, die man in Piacenza mit einer eigenen Ausstellung zelebrieren wollte. Konkret in einem anderen Gebäude in der Innenstadt von Piacenza, da in der Galerie Renovierungsarbeiten stattfanden. Es herrschte ein Kommen und Gehen von Handwerkern und Mitarbeitern des Museums. Irgendwann bemerkte man das Fehlen des Klimt-Bildes. Auf dem Dach der Galerie fand sich der Rahmen, also schlussfolgerte die Polizei, der Dieb hätte das Gemälde gewissermaßen durch ein Dachfenster gefischt. Erst 19 Jahre später überprüfte man diese Theorie vor Ort, und es stellte sich schließlich heraus, dass der Rahmen nicht durch die Fensteröffnung gepasst hätte.

Original unbemerkt ausgetauscht?

2016 widmete die BBC dieser Causa einen ausführlichen Artikel, der interessante und durchaus brisante Hinweise enthielt. So soll der damalige Direktor Stefano Fugazza in seinem Tagebuch mit der Idee geliebäugelt haben, durch einen vorgetäuschten Diebstahl mehr Aufmerksamkeit für die Ausstellung zu bekommen. Weiters soll es gleich mehrere Kopien des Klimt-Bildes geben. Bei einer davon soll es sich laut den Aussagen eines Kunstdiebs um das 1997 gestohlene Bild handeln. Denn das Original habe er im November 1996 unbemerkt gegen die Kopie ausgetauscht.

Warum dann der Diebstahl? Nun, zur geplanten Ausstellung wären wohl auch Klimt-Experten angereist, die das Bild sofort als Kopie entlarvt hätten, erklärte er. Interessanterweise kündigte er an, dass er das Original rund um das Jubiläum des Diebstahls retournieren würde. Auf welche Weise, ließ er im Dunkeln. Gut möglich, dass er den Backfisch Anfang 2017 in der Nische der Gartenmauer versteckte, wo Gartenarbeiter das Gemälde nun fanden. Ein perfekter Zufall, wurde doch am 13. Dezember in Piacenza eine Ausstellung eröffnet, die den ehemaligen Galeriedirektor Stefano Fugazza würdigt. (Olga Kronsteiner, 16.12.2019)