Karl Baron wechselt von der FPÖ zur DAÖ. Für einen Erfolg bei der Wien-Wahl braucht er allerdings noch einen prominenten Spitzenkandidaten.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Alles steht und fällt mit Heinz-Christian Strache: Darüber sind sich österreichische Politikexperten im Gespräch mit dem STANDARD einig. Sollte sich der Ex-FPÖ-Chef und ehemalige Vizekanzler gegen die Kandidatur bei der Wien-Wahl entschließen, hätte die FPÖ-Abspaltung Die Allianz für Österreich (DAÖ) "keine Chance", die Fünfprozenthürde zu nehmen, sagt Politikwissenschafterin Eva Zeglovits vom Meinungsforschungsinstitut Ifes: "Jene drei Gemeinderäte, die sich von der FPÖ getrennt haben, sind der breiten Öffentlichkeit derzeit eher unbekannt. Sie brauchen ein starkes Zugpferd für den Wahlkampf. Nur Strache ist prominent genug."

30,8 Prozent konnte der ehemalige Vizekanzler mit seiner FPÖ als Spitzenkandidat bei der letzten Wien-Wahl 2015 holen. Er selbst galt als wichtiges Wahlmotiv. Nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos und Straches Rücktritt als Vizekanzler kam die FPÖ 2019 in der Bundeshauptstadt bei der EU-Wahl auf 14,4 und bei der Nationalratswahl auf 12,8 Prozent. Doch: "Bei der EU-Wahl hat Strache allein in Wien 12.000 Vorzugsstimmen erhalten. Das und Umfragen zeigen deutlich: Es gibt die Leute, die Strache wählen würden", sagt Zeglovits.

DAÖ braucht Straches Namen

Politikexperte Peter Filzmaier geht sogar so weit, zu sagen, dass DAÖ nicht nur Strache an der Spitze ihrer Liste brauchen wird, um den Einzug in den Wiener Gemeinderat zu schaffen, sondern auch dessen Namen – "zumindest im Untertitel" der Listenbezeichnung. So geben vor allem zwei Motive den Ausschlag darüber, welche Partei man wählt: die Person des Spitzenkandidaten und die Inhalte. Letztere seien aber "eins zu eins ident. Wieso sollte man die Partei wechseln, wenn nicht wegen Strache?" Doch sollte man sich auch mit Strache "keine übertriebenen Erwartungen machen", sagt Filzmaier dem STANDARD. Ergebnisse, die annähernd an jenes von 2015 herankommen, seien "irreal".

"Es ist nicht die erste Abspaltung der FPÖ. Obwohl diese kurzfristig auch große Erfolge feiern konnten, hat sich mittelfristig keine gehalten", sagt Zeglovits mit Verweis etwa auf das BZÖ oder das LIF. Die Meinungsforscherin rechnet damit, dass sich die blauen Stimmen bei der Nationalratswahl 2019, jene der loyalen FPÖ-Wähler, zwischen FPÖ und DAÖ aufteilen werden und DAÖ die Hürde klar nehmen wird – unter der Voraussetzung einer Kandidatur Straches. Genauere Zahlenspiele seien jedoch "reines Kaffeesudlesen".

Doch hätten auch "ganz andere, noch unbekannte Parteien" nun eine Chance, sagt Filzmaier. "Es sind derzeit viele Stimmen am Markt." Jene gefrusteter FPÖ-Wähler, die auch von Strache enttäuscht sind.

Aufmerksamkeit statt Geld

Großparteien sollten es jedenfalls vermeiden, auf DAÖ einzugehen. Das würde nur zusätzliche Aufmerksamkeit auf die Partei und deren Inhalte lenken, so Filzmaier. Und um Aufmerksamkeit wird DAÖ vor allem in traditionellen und sozialen Medien kämpfen müssen. Schließlich ist noch nicht klar, wie sie den Wahlkampf finanzieren wird. Die Klubförderung darf nicht für den Wahlkampf ausgegeben werden, Spenden von Einzelpersonen und Organisationen sind gedeckelt. Sechs- bis siebenstellig schätzt Filzmaier die Kosten für einen guten Wahlkampf, diese Summe mit Kleinspenden zu sammeln sei "unrealistisch". Sollte die Partei einen Kredit aufnehmen, stellt sich für DAÖ die Frage, wer als Sicherheit bürgen würde, und für Filzmaier jene, ob die Bürgschaft für einen hohen Kredit rechtlich nicht als eine indirekte Spende aufgefasst werden könnte.

Allerdings sei auch ohne viel Geld ein Wahlkampf zu schaffen. Das habe man 2017 bei der Nationalratswahl anhand der Liste Pilz gesehen. Mit dem prominenten Spitzenkandidaten Peter Pilz habe man fehlendes Geld und Struktur aufgewogen. "Dafür braucht man jemanden mit Präsenz. Was ohne Geld nicht möglich ist, ist, eine Partei und einen Spitzenkandidaten erst bekannt zu machen", sagt Zeglovits.

Schmutziger Wahlkampf

Der Wahlkampf dürfte durch DAÖ jedenfalls ein wenig schmutziger werden. "Historisch sieht man, dass FPÖ-Abspaltungen nicht zimperlich miteinander umgehen", sagt Zeglovits: "Man kann davon ausgehen, dass es auch diesmal recht heftig wird." Dadurch, dass sich die Parteien wenig voneinander unterscheiden, müsste man andere Gründe bieten, sich zu entscheiden.

"Wenn man sich nach so vielen Jahren Partnerschaft trennt, weiß man viel übereinander, das man nicht erzählt haben will", sagt auch Filzmaier. Das könne sich schnell zu einer "Negativspirale" entwickeln.

Abwarten in der Gerüchteküche

Ob Strache, der es vorerst abgelehnt hat, Parteivorsitzender von DAÖ zu werden, für die Partei als Spitzenkandidat fungieren wird, werde man wohl noch länger nicht erfahren, meint Filzmaier. Denn: "Je länger die Gerüchte am Köcheln bleiben, desto länger wird darüber berichtet." (Oona Kroisleitner, 16.12.2019)