Macron hatte Delevoye im September 2017 berufen, um die Pensionsreform auszuarbeiten. Jetzt muss er gehen.

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Paris – Nach zwölftägigen Streiks und Protesten gegen die Pensionsreform von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist dessen Pensions-Beauftragter, Jean-Paul Delevoye, zurückgetreten, wie der Elysée-Palast am Montag in Paris mitteilte. Der 72-Jährige hatte verschiedene bezahlte und unbezahlte Tätigkeiten und Mandate nicht offiziell angegeben.

Gewerkschaften und Opposition warfen Delevoye deshalb illegale Ämterhäufung und einen Interessenskonflikt vor. Macron nahm den Rücktritt des Hohen Kommissars für die Pensionsreform "mit Bedauern" an, wie es aus dem Elysée-Palast hieß. Der Staatschef hatte den früheren Minister von Präsident Jacques Chirac im September 2017 berufen, um die Pensionsreform auszuarbeiten. Sie ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen Macrons.

Delevoye begründete seinen Rücktritt mit dem "geschwächten Vertrauen" in seine Person. Er bezeichnete sich als Opfer von "gewaltsamen Angriffen und einem Gemisch aus Lügen". Dies schade der Pensionsreform, die "unerlässlich für Frankreich" sei.

Erklärung über Einkommen spät "nachgebessert"

Macrons Beauftragter stand durch Medienenthüllungen seit rund einer Woche unter massivem Druck: Erst am Wochenende hatte er seine Erklärung bei der Behörde für Transparenz im öffentlichen Leben nachgebessert, bei der alle Regierungsmitglieder ihr Einkommen offenlegen müssen. Demnach hatte er 13 Ämter und Tätigkeiten inne, von denen zwei bezahlt waren. Alleine als Chef eines Think Tanks verdiente er demnach monatlich mehr als 5.000 Euro pro Monat – und das auch nach seinem Eintritt in die Regierung in diesem September. Das ist laut französischer Verfassung illegal.

Die Rechtspopulistin Marine Le Pen kritisierte auf Twitter, Macrons Umfeld habe zu lange an einem "schuldigen Mann" festgehalten. Macron hatte zu Beginn seiner Amtszeit als Präsident die Transparenz-Gesetze verschärft. Die Gewerkschaft CGT erklärte, nun müsse Macron die umstrittene Reform zurückziehen.

Delevoye sollte die Pläne ab Ende Februar im Parlament verteidigen, nachdem er monatelang mit den Sozialpartnern verhandelt hatte. Sie sehen vor, dass die Franzosen künftig erst mit 64 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen können statt bisher mit 62. Zudem sollen Vorzugsrenten etwa bei der Bahn und beim Pariser Nahverkehr abgeschafft werden.

Massive Proteste gegen Pensionsreform

Gegen die Pensionsreform gibt es die bisher massivsten Proteste in Macrons gut zweieinhalbjähriger Amtszeit. Zu Beginn der Protestwelle am 5. Dezember waren mehr als 800.000 Menschen gegen die Reform auf die Straße gegangen, fast drei Mal so viele wie in der "Gelbwesten"-Krise vor einem Jahr. Seitdem kommt es täglich zu Ausständen im öffentlichen Dienst, betroffen sind vor allem die Bahn und der Pariser Nahverkehr. Auch viele Zugverbindungen nach Deutschland wurden gestrichen.

Am Montag folgten erstmals auch Lkw-Fahrer einem Aufruf der Gewerkschaften. Mit "Schneckentempo"-Aktionen sorgten sie auf Nationalstraßen und Autobahnen rund um Städte wie Straßburg, Lyon und Toulouse für Verkehrsbehinderungen. Die Mitarbeiter der Logistikbranche wollen damit höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen erreichen.

Hunderte Kilometer Staus durch Streiks

Die Aktionen verschärften die Situation für viele Pendler weiter. Rund um Paris bildeten sich zwischenzeitlich Staus von zusammengerechnet fast 630 Kilometern Länge. Landesweit verkehrten viele Züge nicht, auch die meisten Metros in Paris standen erneut still.

Für Dienstag haben die Gewerkschaften erneut zu landesweiten Kundgebungen aufgerufen. Die Regierung appellierte erneut an die Streikenden, auf Aktionen über die Weihnachtstage zu verzichten. Eine Annäherung ist jedoch bisher nicht in Sicht. (APA, 16.12.2019)