Vor allem an der Jamia-Millia-Islamia-Universität in Neu-Delhi wurden Proteste am Wochenende brutal niedergeschlagen.

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Auch in Bangalore gingen daraufhin viele Menschen auf die Straßen.

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Neu-Delhi – In Indien weiteten sich am Montag die Proteste gegen Polizeigewalt und ein neues Einwanderungsgesetz aus. Delhi, Chennai, Bangalore und Lucknow sind nur einige der Städte, in denen Demonstranten auf die Straßen gingen, und dabei kam teilweise auch wieder zu Zusammenstößen mit der Polizei. In Lucknow etwa versuchten einige Dutzend Menschen eine Polizeistation zu stürmen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Sie bewarfen Sicherheitskräfte, die sich hinter einer Mauer verschanzt hatten, mit Steinen.

Hintergrund der aktuellen Protestwelle ist ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz, das die Regierungspartei BJP vergangene Woche durch das Parlament gebracht hat. Der Partei wird von Kritikern vorgeworfen, eine hindu-nationalistische Politik zu verfolgen und die 200 Millionen Muslime im Land zu diskriminieren. Seit vergangenem Mai regiert sie mit absoluter Mehrheit.

Das neue Gesetz sieht vor, dass nichtmuslimische Menschen aus den Nachbarstaaten Pakistan, Afghanistan und Bangladesch in Indien vereinfacht die Staatsbürgerschaft bekommen sollen. Premierminister Narendra Modi und Innenminister Amit Shah verteidigten das Gesetz als Schritt, um verfolgten Nichtmuslimen entgegenzukommen.

Am Wochenende kam es darauf zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei in der Jamia-Millia-Islamia-Universität in Neu-Delhi, bei denen mindestens 200 Menschen verletzt wurden. Am Montag schließlich gingen viele Menschen im ganzen Land aus Solidarität mit den Studenten auf die Straßen.

Mehrere Tote

Auch in Kolkata im Nordosten des Landes nahmen am Montag tausende Menschen an einem Protestmarsch teil, zu dem die Regionalregierung aufgerufen hatte, die Modi äußerst kritisch gegenübersteht. Demonstranten setzten Reifen auf Bahnstrecken in Brand.

Und auch im äußersten Nordosten des Landes starben bei Protesten vier Menschen durch Polizeikugeln. In Assam waren Proteste bereits in den Tagen zuvor entbrannt, weil die dortige Bevölkerung durch das Gesetz eine Einwanderungswelle aus Bangladesch befürchteten. Vorsorglich hatte die indische Regierung eine Internetsperre über den Bundesstaat verhängt und etliche Soldaten aus Kaschmir nach Assam verlegt.

Bundesstaaten wehren sich

Unterdessen haben mehrere indische Bundesstaaten angekündigt, das neue Gesetz nicht anzuwenden. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die laizistische Verfassung des Landes.

Modi beschuldigte die oppositionelle Kongresspartei, die Unruhen anzustacheln. Diejenigen, die die Proteste schürten, seien an ihrer Kleidung wiederzuerkennen. Damit spielte er offenbar auf Muslime an.

Die Vereinten Nationen hatten in der vergangenen Woche Bedenken bezüglich des neuen Gesetzes geäußert. Menschenrechtsgruppen und mehrere islamische Parteien wollen die Neuregelung vor dem Obersten Gericht anfechten. (red, APA, 16.12.2019)