Karamellpudding mit Erdbeersauce als altägyptischer Kopfschmuck? Sicher nicht. Doch aus was bestanden die seltsamen Hütchen wirklich, wenn es sie denn tatsächlich gegeben haben sollte?
Illustration: Amarna Project

Auf etlichen Bildern aus dem alten Ägypten sind Frauen zu sehen, die eine seltsame Kopfbedeckung tragen. Die Kreationen können es durchaus mit jenen aufnehmen, die beim Pferderennen von Ascot von der britischen High Society zur Schau gestellt werden. Die ägyptischen Hütchen sehen freilich aus wie ein mit Erdbeersauce übergossener Karamellpudding.

Doch was stellen diese Gebilde tatsächlich dar? Da Archäologen lange keine Überreste der kegelförmigen Gebilde fanden, gingen manche Forscher davon aus, dass diese Kopfaccessoires in Wahrheit gar nicht existierten. Sie hätten demnach auf den Bildern nur eine symbolische Funktion gehabt – so wie der Heiligenschein auf christlichen Gemälden.

Funde in Amarna

Nun allerdings wurde ein Forscherinnenteam um Anna Stevens (Monash University in Melbourne) in 3.300 Jahre alten Gräbern in Amarna fündig, einer der ungewöhnlicheren Städte im alten Ägypten, die nur wenige Jahre unter der Herrschaft von König Echnaton bewohnt war. Die beiden Leichen mit Hütchen lagen im Armenfriedhof, und auf den intakten Haaren befanden sich tatsächlich rund acht Zentimeter hohe Gebilde aus Bienenwachs, die von Insekten durchlöchert worden waren.

Das Gebilde, das diese Ägypterin auf den Haaren trug, bestand aus Bienenwachs. Aber warum trug sie es?
Foto: Amarna Project

Diese Entdeckung untergräbt freilich auch noch eine zweite Theorie, die mit den Hütchen verbunden wird: Einige Ägyptologen gehen davon aus, dass es sich dabei um Kegel aus einem salbenähnlichen Material handelt, das langsam in der Sonne schmolz, um den Körper zu parfümieren und zu reinigen – sowohl im buchstäblichen wie auch im übertragenen Sinne.

Wie Stevens und ihre Kolleginnen im Fachblatt "Antiquity" schreiben, fanden sich im gut erhaltenen Grab keine chemischen Hinweise darauf, dass der seltsame Kopfkegel geschmolzen und auf das Haar seiner Besitzerin getropft war.

Debatte unter Experten

Für Lise Manniche (Uni Kopenhagen), die nicht an der Studie beteiligt war, ist das noch keine hinreichende Widerlegung der Salbenthese. Die alten Bilder würden nämlich darauf hindeuten, dass die Kegel im Allgemeinen von Mitgliedern der Oberschicht getragen wurden, wie sie gegenüber "Science News" erklärt. Womöglich hätten die Frauen in den Armengräbern die reichen Frauen nachgeahmt.

Stevens wiederum spekuliert, dass die Hütchen ein Symbol dafür gewesen sein könnten, dass die begrabenen Frauen auf Fruchtbarkeit im Jenseits hoffte. Dieser These indes kann Rune Nyord (Emory University) wenig abgewinnen, auch wenn Verweise auf das "Jenseits" in der Ägyptologie eine lange Tradition hätten. Die Kopfbedeckungen wurden laut den Bildern auch bei Festbanketten oder in Anwesenheit des Pharaos getragen, so Nyord.

Aber wozu? Vielleicht dienten die Hütchen ja einfach nur als schmückende Hütchen – ähnlich wie die in Ascot. (tasch, 17.12.2019)