Viele Teilnehmer erwarten für 2020 mehr Bezahlschranken und Paywalls für österreichische Medien.

Foto: imago images / Michael Weber

Wie entwickeln sich die zwei Hauptstränge der Medienfinanzierung 2020 – also Werbung und Userbeiträge? Eine Vielzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern – wie Hubert Patterer ("Kleine Zeitung"), Julia Herrnböck ("Dossier"), Medienberater Peter Plaikner und Florian Jungnikl-Gossy ("Falter") erwarten 2020 mehr Bezahlschranken und Paywalls bei österreichischen Medien. Nicht zuletzt wegen weiterhin eher trüber Aussichten in der Werbung für Medien. Ein Überblick von Werbung bis Bezahlinhalt.

Joachim Krügel, Geschäftsführer der Mediaagentur Media 1, prognostiziert eine fundamentale Umwälzung in der Digitalbranche im Umgang mit – werberelevanten – Daten:

"Die ePrivacy-Richtlinie stellt die gesamte österreichische Digitalbranche auf den Kopf."

Florian Magistris, Geschäftsführer von Httpool Austria und Werbevermarkter von Twitter in Österreich und Schweiz, platziert in der Etat-Umfrage einen neuen digitalen Player im Wettbewerb um Werbung:

"2020 wird Tik Tok in Österreich für die Werbewirtschaft verfügbar sein durch Österreich-Targeting der Tik-Tok-Werbeformen."

Ein Teilnehmer ohne Namensnennung erwartet unterdessen für einen altbekannten Giganten in diesem Spiel, die Google-Plattform Youtube.

"Mehr Werbung für weniger Geld auf Youtube."

Eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer ohne Namensnennung wünscht sich dazu:

"20 Prozent Werbeabgabe auf Social-Media-Werbung zur Finanzierung der Ausbildung von Journalisten und Subvention von Medien."

Politische Maßnahmen gegenüber den Plattformriesen mit den weltgrößten Werbeeinnahmen sehen Manfred Litschka (FH St. Pölten) und Angelika Wallinger-Simma (FH Vorarlberg) geboten:

"Medienplattformen wie Google und Facebook nicht mehr nur als Technologieplattformen betrachten, auch gesetzlich. Regulierungs- und Governance-Maßnahmen für große Plattformunternehmen einführen (Selbst- und Koregulierung unter Androhung sonstiger Fremdregulierung)."

Diskussion und erste Schritte zur Kontrolle sozialer Netze auf EU-Ebene beziehungsweise wenn rechtlich nötig auf nationalstaatlicher Ebene.

Österreichs Medien rät Wallinger-Simma zudem zur

"Besinnung auf die wahre Konkurrenz – globale Player – und daher Kooperationen, wo möglich und sinnvoll."

Media-Experte Michael Göls leitet die Havas-Aktivitäten in Österreich. Er erwartet 2020 steigendes Bewusstsein für Kommunikation als Investition in österreichische Medien. Sein Wunschszenario:

"Weg von den Kosten hin zum Wert von Kommunikation."

Göls erhofft 2020 ...

"... eine bewusstseinsbildende Kampagne für Werbung in österreichischen Medien im Schulterschluss von Medien, Agenturen, Interessensvertretungen und angelagerten Dienstleistern und Produzenten wie Web Developern, Druckereien, Distributeuren wie der Post."

"... Gleichzeitig sollte es bei drohender Rezession ein steuerliches Maßnahmenpaket geben, das Anreize schafft, in Kommunikation zu investieren, nach einem Kriterienkatalog, der den Standort begünstigt."

Petra Hauser ist Geschäftsführerin des Startup-Hubs Talent Garden in Österreich, die langjährige Medienmanagerin leitete zuvor die Mediaagentur media.at. Sie erwartet noch härtere Zeiten für Medien in Sachen Werbung:

"Konjunkturell bedingt wird wohl 2020 ein noch schwierigeres Werbejahr als 2018. Zudem kommen die Einschläge durch die Disruption, die der Marktwandel mit sich bringt, immer näher. 2020 spüren das bereits existenziell jene, die sich den Themen des Wandels bisher verschlossen haben. Ihre Werbeausgaben werden sinken, was den konkjunturellen Abwärtstrend noch verstärkt. Die ausgewiesenen Bruttozahlen mögen dies zu verbergen suchen, im Netto wird es sich zeigen."

Ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin ohne Namensnennung prognostiziert etwa für 2020:

"Während europaweit die Werbespendings für Online-Werbung über 30 Prozent (D, NL, F, ES, IT, IE, PL, etc) liegen und in manchen Ländern (UK, SE, DK) sogar schon über 50 Prozent, ist Österreich immer noch ein "Print-Land". Das wird sich dramatisch verändern und klassisch strukturierte Print-Medien zunehmend in Bedrängnis bringen. Die zahllosen Versuche Werbeverluste in Print durch Online-Bezahlschranken zu kompensieren wird auch weiterhin nicht annähernd gelingen. Selbst die 'New York TimeS" hat nach vielen Jahren nur vier Prozent Abo-Quote (im Verhältnis zu den monatlichen Besuchern). Streaming Angebote werden TV-Reichweiten weiter desavouieren."

Terence Lennox, langjähriges Powerposterpseudonym auf derStandard.at/Etat etwa von Fotograf, Autor und Medienmacher Manfred Klimek, prognostiziert:

"Sollte eine Wirtschaftstrübung- oder Krise eintreten, so kommen etablierte Medien wie zB 'Profil' in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, die dann mit gesteuerten Inseraten aufgefangen werden müssen. Generell aber stellt sich 2020 mehr denn je die Frage, ob Printmedien noch überleben können. Für 'Profil' oder 'News', die es als Onlinemedien praktisch nicht gibt, ist das Existenzfrage.

Hubert Patterer, Chefredakteur und Geschäftsführer der "Kleinen Zeitung" prognostiziert etablierten Medien einen...

"... weiterhin angespannten, tendenziell rückläufigen Anzeigenmarkt."

Also erwartet Patterer:

"Ausweitung digitaler Payment-Modelle, abgeleitet aus der Erkenntnis, dass sich mit Reichweitenvermarktung allein kein zukunftstaugliches Geschäftsmodell formulieren lässt."

Florian Jungnikl-Gossy ("Falter") erwartet ähnlich:

"Paywalls werden von noch mehr Medien genutzt, nur noch der Boulevard wird digital kostenfrei zu lesen sein. Deshalb entsteht Platz für Neues."

(red, 18.12.2019)