Die Virusgrippe verursacht schwere Symptome.

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Die echte Grippe (Influenza) ist eine schwerwiegende Erkrankung mit heftigen Symptomen. Tiroler Schüler wissen, wie sich das anfühlt. Zwei Schulen in Innsbruck wurden für mehrere Tage geschlossen, weil jeweils mehr als die Hälfte der Schüler und einige Lehrer erkrankt sind. Eine Impfung ist die effektivste Maßnahme gegen die Virusgrippe, auch jetzt ist sie noch sinnvoll.

Auch als Podcast: Redakteurin Bernadette Redl erklärt, wie und wieso man sich vor der Grippe schützen sollte.

Frage: Wieso ist die Grippe ausgerechnet in Tirol ausgebrochen?

Antwort: Die Grippewelle breitet sich mit den Reiserouten der Menschen aus, weiß Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der Med-Uni Wien. Tirol ist anfällig dafür, weil es viel Tourismus gibt. Vor allem Touristen und Reiserückkehrer haben die Influenza mit nach Österreich gebracht, quasi als Souvenir. "Wir sehen immer wieder, dass sich die Influenza erst regional ausbreitet und dann epidemisch über das ganze Bundesgebiet", so Redlberger-Fritz. Vor zwei Jahren gab es eine identische Situation mit einer ersten starken, lokalen Aktivität der Grippe in Graz.

Nur wenige Tage nach der Volksschule Igls ist in Innsbruck eine zweite Tiroler Schule wegen Grippe vorübergehend geschlossen worden. Experten zeigen sich nicht nur über die Anzahl der Krankheitsfälle und die Altersgruppe der Patienten, sondern auch über den im Vergleich zu vergangenen Jahren frühen Ausbruch der Grippewelle überrascht.
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Frage: Wann kommt die Grippewelle in Wien und ganz Österreich an?

Antwort: Hundertprozentig kann man das nicht sagen, es wird aber innerhalb der nächsten Wochen so weit sein. "Meiner Einschätzung nach wird nach den Ferien ganz Österreich von der Grippewelle erfasst sein", sagt Redlberger-Fritz. Ein Grund dafür ist, dass Kinder die "Motoren der Ausbreitung" sind, wie die Expertin es nennt. Während der Ferien sind sie zu Hause und nicht in der Schule, wo sie sich gegenseitig anstecken.

Frage: Warum sind vor allem Kinder betroffen?

Antwort: Sie haben viel engeren Kontakt miteinander, oft für mehrere Stunden pro Tag. Die Grippe ist auch schon einige Stunden vor den ersten Symptomen ansteckend. Ist ein Kind erkrankt, breitet sich die Grippe in einer kleinen Kohorte wie Schule oder Kindergarten sehr schnell aus. "Erwachsene Erkrankte stecken im Schnitt zwei andere Menschen an, bei Kindern können es auch zehn oder zwölf sein", sagt Redlberger-Fritz. Erkrankte Kinder stecken dann ihre Geschwister an, die wiederum in andere Schulen und Kindergärten gehen. "Das ist ein kleiner Teufelskreis, der schnell zu einem explosionsartigen Verlauf der Grippewelle führt", so die Virologin. Jährlich erkranken fünf bis zehn Prozent der Erwachsenen, aber zehn bis 20 Prozent der Kinder.

Frage: Wie findet die Übertragung statt?

Antwort: Über die Luft, also eine Tröpfcheninfektion, etwa durch Husten, Niesen oder beim Sprechen. Oder durch eine Schmierinfektion, also durch das Anfassen von Oberflächen, die vorher bereits eine erkrankte Person berührt hat.

Frage: Wofür ist der in Tirol grassierende A/H3N2-Stamm bekannt?

Antwort: Er verursacht eine stärkere Grippesymptomatik, also etwa höheres Fieber und sehr heftigen Husten. Bei älteren Menschen führt er zu mehr Komplikationen und Todesfällen, vor allem in den Risikogruppen. Das liegt daran, dass diese ein schwächeres Immunsystem haben.

Frage: Warum setzt sich der A/H3N2-Stamm durch?

Antwort: Man könne jetzt noch gar nicht sagen, ob es in Österreich heuer wirklich eine H3N2-Welle geben wird, so Redlberger-Fritz. Zwar sei der Stamm aktuell in Tirol aktiv, "wie sich das aber über die nächsten Wochen in ganz Österreich verhalten wird, werden wir noch sehen", so die Expertin. In ganz Europa zeigt sich bezüglich der dominanten Stämme ein buntes Bild. In Russland und Portugal sind B-Stämme dominant, in Spanien und Frankreich zirkulieren A und B zu gleichen Teilen. In Schweden ist, wie in Tirol, der A/H3N2-Stamm dominant. In Norwegen und Finnland sind es Influenza A/H3N2 und H1N1 zu gleichen Teilen.

Frage: Ist H3N2 ein neuer Stamm?

Antwort: Nein, aber er war in Österreich schon längere Zeit nicht mehr dominant. Das letzte Mal vor ein paar Jahren. Dementsprechend seien viele Kinder noch "naiv" und mit diesem Virus noch nie in Berührung gekommen.

Frage: Ist H3N2 im diesjährigen Impfstoff enthalten?

Antwort: Ja. Man ist aber dennoch nicht zu hundert Prozent geschützt, weil die Influenza-Stämme sich alljährlich ändern. Daher muss der Impfstoff gegen die saisonale Grippe jedes Jahr neu angepasst werden. Weil die Produktion weit vor der Grippewelle festgelegt wird, kann es passieren, dass der Impfstoff nicht vollständig vor den aktuellen Viren schützt. Wie hoch die Übereinstimmung im heurigen Jahr ist, weiß man erst, nachdem die ersten Proben aus Tirol untersucht wurden. Das passiert derzeit. Ein Ergebnis liegt Ende nächster Woche vor.

Frage: Ist eine Impfung jetzt noch sinnvoll?

Antwort: Ja. Bis die Impfung wirkt, dauert es bis zu zehn Tage. Bis zum Ausbruch der Grippe ist also noch Zeit. Auch wenn die Impfung nicht vollständig schützt, haben Geimpfte einen leichteren Krankheitsverlauf und wesentlich weniger Komplikationen zu erwarten. Insgesamt verringert die Impfung das Risiko an einer echten Grippe zu erkranken im Schnitt um 60 Prozent.

Frage: Sollte man sich jedes Jahr impfen lassen?

Antwort: Ja, so kommt man mit ganz vielen verschiedenen Mutationen im Laufe der Jahre in Berührung und ist insgesamt besser geschützt. Experten vergleichen die Sinnhaftigkeit der Impfung gern mit einem Autogurt: Auch er schützt nicht zu hundert Prozent vor einem tödlichen Unfall. Dennoch schnallen wir uns an, weil es keine bessere Alternative gibt. (Bernadette Redl, 18.12.2019)