Der US-Kongress hat Sanktionen gegen den Bau der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 beschlossen.

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Washington/Moskau – Der US-Kongress hat Sanktionen gegen Firmen im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 beschlossen. Nach dem Repräsentantenhaus stimmte am Dienstag auch der Senat mit großer Mehrheit für ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt (NDAA), in das das Sanktionsgesetz eingefügt worden war.

US-Präsident Donald Trump hatte bereits vorab angekündigt, das Gesetzespaket sofort zu unterzeichnen, sobald es auf seinem Schreibtisch liegt. Der Senat stimmte am Dienstag mit 88 gegen acht Stimmen dafür.

USA: Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bisher wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2.100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch. Der US-Kongress will die Fertigstellung des Projekts verhindern. Die Sanktionen könnten es zumindest verzögern.

Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würde. Die Sanktionen im "Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Auch Turkish Stream – eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll – wäre betroffen. Die Sanktionen sollen auch für Folgeprojekte beider Pipelines gelten.

Das Gesetz sieht vor, dass der US-Außenminister in Absprache mit dem Finanzminister dem Kongress binnen 60 Tagen berichtet, welche Schiffe eingesetzt werden und welche Firmen diese Schiffe zur Verfügung gestellt haben. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktionäre mit Kontrollmehrheit sollen Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktionen der Betroffenen, die sich auf ihren Besitz oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA beziehen, sollen blockiert werden können.

Kritik aus Russland

Sowohl Präsident Trump als auch Demokraten und Republikaner aus beiden Kammern des Kongresses laufen seit langem Sturm gegen Nord Stream 2. Die Auswärtigen Ausschüsse im Repräsentantenhaus und im Senat hatten bereits vor Monaten mit überwältigenden Mehrheiten Gesetzesentwürfe mit Sanktionen zu Nord Stream 2 verabschiedet.

Auf Kritik stößt das vom russischen Gazprom-Konzern angeführte Projekt Nord Stream 2 aber auch in Teilen Europas. Befürchtet wird vor allem eine Schwächung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer, wie der Ukraine. Kiew befürchtet, mit Nord Stream 2 als Transitland überflüssig zu werden und dadurch Einnahmen in Milliardenhöhe zu verlieren.

Befürworter der Pipeline argumentieren hingegen, diese erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise – auch im Vergleich zum teureren Flüssiggas aus den USA. Mit US-Strafmaßnahmen würden die Interessen Europas und der Verbraucher verletzt, warnte der russische Vizeaußenminister Alexander Gruschko der Agentur Interfax zufolge. Alle Projekte Russlands würden die Energiesicherheit Europas stärken. Die USA hingegen wendeten Instrumente an, die "gegen das Völkerrecht verstoßen und dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen".

Die deutsche Bundesregierung erwartet einem Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge noch diese Woche den endgültigen Beschluss. Das deutsch Wirtschaftministerium verwies demnach darauf, dass man extraterritoriale Sanktionen ablehne.

Bau bereits fast abgeschlossen

Nord Stream 2 unter der Ostsee ist bereits weitgehend fertiggestellt. Die Route verläuft in weiten Teilen parallel zur bereits bestehenden Pipeline Nord Stream. Startpunkt ist die russischen Ostseeküste westlich von St. Petersburg, Ziel ist Lubmin unweit von Greifswald.

Es fehlt noch eine Strecke in dänischen Gewässern, die vom schweizerisch-niederländischen Unternehmen "Allseas" ausgeführt werden soll. Diese könnte von Sanktionen der USA getroffen werden. Allerdings hat Deutschland dem "Bild"-Bericht zufolge in einem Schreiben die Möglichkeit angedeutet, dass die Arbeiten in einer Übergangsfrist des Gesetzes von 30 Tagen beendet werden könnten und die Sanktionen daher nicht greifen könnten.

Hinter Nord Stream 2 steht der russische Staatskonzern Gazprom, der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von 9,5 Milliarden Euro stemmen soll. Die andere Hälfte finanzieren fünf europäische Energieunternehmen, darunter Wintershall Dea, OMV sowie Royal Dutch Shell und die französische Engie. (APA, 17.12.2019)