Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, appelliert an die Abgeordneten, die Verfassung zu schützen.

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Washington – Das US-Repräsentantenhaus ist am Mittwoch zusammengekommen, um über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump zu debattieren und abzustimmen. Zunächst wurde im Repräsentantenhaus etwa zwei Stunden über das Prozedere diskutiert und abgestimmt, erst um 18 Uhr (MEZ) begann die für sechs Stunden angesetzte Debatte über die zwei erhobenen Anklagepunkte rund um die Ukraine-Affäre. Danach wird das historische Votum stattfinden.

Die Debatte und Abstimmung im Livestream.
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Das Repräsentantenhaus werde am Mittwoch einer der wichtigsten Aufgaben nachkommen, die die Verfassung ihm übertragen habe, hatte die Oppositionsführerin, die Demokratin Nancy Pelosi, am Dienstag offiziell bestätigt. Die Parlamentarier müssten ihren Amtseid erfüllen und die Verfassung schützen. Trump habe seine Macht für seinen persönlichen politischen Nutzen missbraucht und die Untersuchung des Kongresses zur Ukraine-Affäre behindert. "In Amerika steht niemand über dem Gesetz."

Pelosis Brief an die Demokraten.

Da die Demokraten im Repräsentantenhaus eine klare Mehrheit haben, gilt es als sicher, dass die Kammer für das Amtsenthebungsverfahren stimmt. Es wäre das erst dritte Impeachment der US-Geschichte. Der Prozess gegen Trump wird dann im Senat geführt. Geht es nach den Demokraten, beginnt das Verfahren in der zweiten Jännerwoche.

Der Prozess im Senat ist für den Präsidenten gewissermaßen ein Heimspiel, denn dort haben seine Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Für eine Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit notwendig, es müssten neben allen Demokraten also auch mindestens 20 Republikaner für eine Amtsenthebung stimmen.

Trump schickt Protestbrief

Kurz vor der Abstimmung ließ Trump seinem Unmut über das Prozedere in einem Brief freien Lauf. In dem sechsseitigen Schreiben an Pelosi erhob er schwere Vorwürfe gegen die Frontfrau der Demokraten und ihre Partei. "Indem Sie mit Ihrem ungültigen Impeachment fortfahren, verletzen Sie Ihre Amtseide, brechen Sie Ihre Treue zur Verfassung und erklären Sie der amerikanischen Demokratie offen den Krieg", hieß es in dem Brief, den das Weiße Haus am Dienstag veröffentlichte.

Trump erklärte, er habe das Schreiben aus geschichtlichen Gründen verfasst, um seine Gedanken "dauerhaft und unauslöschlich" festzuhalten. In seinem – so beschriebenen – Vermächtnis für die Geschichtsbücher wiederholte er viele fast täglich wiederholte Schmähungen gegen die Demokraten wegen ihrer Impeachment-Bemühungen. Seine Wortwahl fiel zum Teil aber schärfer denn je aus.

Die "New York Times" hat Trumps Brief analysiert und interaktiv aufbereitet.

Trump pocht auf Grundrechte

Trump kritisierte, ihm seien bei den Vorbereitungen der Demokraten für das Amtsenthebungsverfahren Grundrechte verwehrt worden – etwa die Möglichkeit, Zeugen bei den Anhörungen im Repräsentantenhaus verhören zu lassen. "Den Beschuldigten bei den Hexenprozessen von Salem wurde ein faireres Verfahren gewährt." Im Jahr 1692 hatten in Salem im heutigen US-Staat Massachusetts berüchtigte Prozesse begonnen, bei denen zahlreiche Menschen der Hexerei bezichtigt wurden. 19 Unschuldige wurden gehängt. Trump beklagt immer wieder, dass er Opfer einer "Hexenjagd" sei.

Der Präsident kehrt die Vorwürfe um, die in der Ukraine-Affäre gegen ihn gerichtet sind, und wirft den Demokraten Machtmissbrauch und Einmischung in die Wahlen vor. "Sie sind diejenigen, die die Demokratie in Amerika untergraben. Sie sind diejenigen, die die Justiz behindern. Sie sind diejenigen, die unserem Land Schmerz und Leid zufügen, um sich selbst selbstsüchtig einen persönlichen, politischen und parteiischen Vorteil zu verschaffen."

Amtsmissbrauch vorgeworfen

Die Demokraten bezichtigen Trump des Amtsmissbrauchs, weil er die Ukraine zu Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden gedrängt hatte. Biden könnte Trumps Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl 2020 werden. Später soll Trump die Untersuchung des Repräsentantenhauses zur Ukraine-Affäre unrechtmäßig behindert haben. (red, APA, 18.12.2019)