Die Parteirebellen betonen, sich nicht gegen SPÖ-Chefin Rendi-Wagner aussprechen zu wollen, sehr wohl kritisierten sie aber Bundesgeschäftsführer Deutsch.

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Wien – "Die SPÖ zurück in die Sozialdemokratie punschen" – das war das Motto des für Mittwoch geplanten "Putschstands" vor der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße. Parteirebellen aus mehreren Wiener Sektionen hatten die Demo samt Gratispunsch angekündigt, wenige Stunden vor dem geplanten Start wurde sie jedoch abgesagt. Der angeführt Grund: gefürchtete Repressalien seitens der Wiener Parteiführung.

Im Gespräch mit dem STANDARD erklärten die Organisatoren, dass der Punschstand dazu gedacht gewesen sei, dort über die Zukunft der SPÖ zu debattieren. Nach zahlreichen Sympathiebekundungen für den Event sei allerdings der Parteivorstand der Wiener SPÖ tätig geworden.

Angst vor Kandidaturverbot und Parteiausschluss

In parteiinternen Whatsapp-Gruppen wurden offenbar von Funktionären Warnungen an potentielle Teilnehmer der Protestveranstaltung verschickt. DER STANDARD konnte mehrere dieser Unterhaltungen einsehen. Die Wiener Parteispitze, konkret Landesparteisekretärin Barbara Novak sowie Bürgermeister Michael Ludwig selbst, würde demnach genau beobachten, wer an dem "Putschstand" teilnimmt. Anwesenden drohe ein Kandidaturverbot auf der Wiener Liste, auch von Parteiausschluss, arbeitsrechtlichen Schritten und Kündigung war die Rede. Selbst kritische innerparteiliche Organisationen sollen ihre Mitglieder aus Angst vor Konsequenzen vor der Teilnahme an dem Protest gewarnt haben, berichtete einer der Organisatoren.

Kritik willkommen, Putsch nicht

Man habe nie Drohungen ausgesprochen oder gar per Whatsapp verschickt, sagte ein Sprecher der Wiener SPÖ im Gespräch mit dem STANDARD. Ludwig habe lediglich vor dem Parteivorstand betont, dass niemand für die Wiener SPÖ kandidieren dürfe, der sich an einem Putsch gegen die Bundespartei beteilige. Die Wiener Parteispitze stößt sich vor allem an der Formulierung "Putsch", die als schärferer Angriff gedeutet wurde als bloße Kritik – denn diese sei grundsätzlich in der Partei willkommen. In der Bundespartei wehrte man die Warnungen als "größtmöglichen Unsinn" ab. Man wolle zudem nicht auf anonyme Behauptungen eingehen.

Die Parteikritiker wollen indes weiterhin anonym bleiben. Sie würden damit sich selbst und weitere Sympathisanten der Punschaktion vor Repressalien schützen. Auch die Parteispitze wisse nicht, wer hinter dem Event stehe. Beteiligt seien jedenfalls Mitglieder mehrerer Wiener Sektionen und Verbände. Es handle sich um ein diverses Team, in dem es ganz unterschiedliche Stimmungen in Bezug auf die Parteispitze gebe. Im Vorfeld der Veranstaltung habe es auch Gespräche mit hochrangigen SPÖ-Politikern gegeben. Die Organisatoren wollen sie jedoch nicht namentlich nennen, um sie nicht bei der Parteispitze anzuschwärzen.

Keine Kritik an Rendi-Wagner, aber an Deutsch

Betont wurde zudem, dass sich der Protest nicht gegen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gerichtet habe. Die Vorsitzende sei selbst in einer schwierigen Position. Es gehe nicht um eine Person, sondern um viele alte Machtzirkel, die sich gegenseitig Jobs und Macht zuschieben würden.

Direkt angegriffen wurde jedoch Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Es sei eine Fehlentscheidung gewesen, ihn nach dem schlechten Wahlkampf zum Bundesgeschäftsführer zu machen. Die Kritiker fordern, die Basis intensiver einzubeziehen, etwa durch einen Reformparteitag und die Direktwahl des oder der Vorsitzenden. Auch Rendi-Wagner könne sich gerne mit ihrem Team bewerben. Kontakt zur Parteispitze gebe es derzeit allerdings keinen. Man wolle nun dennoch Wege finden, um in Dialog mit dieser zu treten und einen Raum zu schaffen, "in dem niemand Angst vor persönlichen Konsequenzen haben muss." (Davina Brunnbauer, 18.12.2019)