Leistung soll zählen. So das ewige Mantra eines ehemaligen Regierungschefs. Die Beurteilung dieser Leistung könnte – ganz im Sinne der Philosophie der zerstäubten türkis-blauen Unregierung – nach Ziffern benotet werden.

Im Ziffernzeugnis für den ehemaligen Kanzler Sebastian Kurz stehen nun zwei dicke Fünfer. Nicht in irgendwelchen Nebenfächern, sondern in den Hauptfächern "Kenntnis der Verfassung" und "Verfassungskonforme Gesetzgebung".

Denn sowohl in Sachen Sozialhilfe-Gesetz, als auch beim Sicherheitspaket der rechtsrechten Regierung musste nun der Verfassungsgerichtshof wesentliche Teile kippen. Also sind die betreffenden Gesetze nicht verfassungskonform.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Eigentliche Disqualifizierung

Nicht, dass der ehemalige Regierungschef nicht gewarnt worden wäre: Aber er schlug im Sinne des rechtspopulistischen Chaoskurses alle Bedenken aus und hoffte wohl, sich irgendwie an der Verfassung vorbei schwindeln zu können.

Eine so schwerwiegend belastete Leistungsbilanz wäre eigentlich eine klare Disqualifizierung. Wer sehenden Auges trotz öffentlicher Warnungen die Verfassung ignoriert und verfassungswidrige Gesetze dennoch beschließt, hat ausreichend gezeigt, dass ihn die seriöse Aufgabenerfüllung als Chef einer Regierung zumindest überfordert. Ob Unkenntnis oder mutwillige Ignoranz dazu führten, ist nicht endgültig geklärt.

Die Verantwortung ausschließlich den ehemaligen Koalitionspartner zuzuschieben wäre nicht nur falsch, es wäre auch eines Regierungschefs unwürdig, denn dieser hat in allen Belangen die Letztverantwortung.

Sind mehrfache Verfassungswidrigkeiten eine positive Referenz für eine neuerliche Kanzlerschaft? Zweimal "Nicht genügend" sind kein Hinderungsgrund? (Bernhard Jenny, 22.12.2019)

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