Max Zirngast wurde im September 2018 in der Türkei wegen Verdachts auf Mitgliedschaft in einer Terrororganisation festgenommen. Am 11. September 2019 wurde er überraschend freigesprochen, zwei Wochen später kehrte er nach Österreich zurück.

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Graz – Als bekannt wurde, dass nicht nur türkische, sondern auch österreichische Behörden gegen Max Zirngast ermittelt haben, warf das Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft Graz – sie war es, die die Ermittlungen in Gang setzte – sagt, das sei das reguläre Vorgehen, man würde es wieder so machen. Zirngasts Anwalt Clemens Lahner aber sagt, man habe damit seinen Mandanten gefährdet.

Denn die Staatsanwaltschaft forderte nicht nur Dokumente von den türkischen Behörden an, sie gab in ihrem Schreiben nach Ankara auch an, Zirngast stehe aufgrund der "bisherigen Ermittlungen der österreichischen Kriminalpolizei im Verdacht (...), in der Türkei sich als Mitglied einer terroristischen Vereinigung" betätigt zu haben. Damit habe man den ohnehin wackligen Rechtsstaat der Türkei angestachelt, seine Willkür fortzusetzen, so die Argumentation.

Nach wie vor ist etwa unklar, wie ein Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bei der Staatsanwaltschaft Graz landete, in dem die Rede von türkischen Terrorvereinigungen ist, die so nicht mehr existieren, mit denen Zirngast jedoch in Verbindung gebracht wird. Die grüne Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic thematisiert dies nun in mehreren parlamentarischen Anfragen. Das Innenministerium etwa wird gefragt, von welcher Stelle der Auftrag an das BVT ging und aus welchen Informationsquellen er sich speiste.

Rechtsstaat infrage gestellt

"Die Grazer Staatsanwaltschaft scheint ungeprüft Anschuldigen einer vom türkischen Präsidenten abhängigen Justiz übernommen zu haben", sagt Dziedzic, solche Vorgänge seien fragwürdig. "Wir müssen sichergehen, dass österreichische StaatsbürgerInnen zu jeder Zeit eine Behandlung erfahren, die eines Rechtsstaates würdig ist."

Infrage gestellt wird auch die generelle Zusammenarbeit der österreichischen Behörden mit der Türkei. Man kooperiere mit allen Ländern der Welt gleich, hieß es dazu von der Staatsanwaltschaft Graz, man könne nicht einem Land "vom Schreibtisch aus die Rechtsstaatlichtkeit absprechen". Gefordert wird ein Plan, ähnliche Verfahren künftig von einem Gerichtsprozess zu entkoppeln.

Vom Justiz- und vom Innenministerium wird zudem eine Auskunft darüber verlangt, gegen wie viele Österreicher in der Türkei noch ein Verfahren im Zusammenhang mit Terrorpropaganda läuft. Gesicherte Zahlen dazu, wie viele Menschen aus Österreich in der Türkei inhaftiert sind oder mit einer Ausreisesperre festgehalten werden, sind derzeit nicht verfügbar; Zirngast selbst wisse von fünf bis sechs Betroffenen, sagt er. Die Anfragen an Innen-, Justiz- und Außenministerium werden diese Woche eingebracht. (elas, 19.12.2019)