Showdown um die "Krone" vorerst abgesagt: Eine Generalversammlung zur Entlassung von Herausgeber und Chefredakteur Christoph Dichand wurde von den Mitgesellschaftern wieder abberaumt.

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Mittwochabend waren entscheidende Gespräche über die künftige Kontrolle bei der "Kronen Zeitung" angesetzt – nach monatelangen Verhandlungen zwischen der Gründerfamilie Dichand und Neo-Investor René Benko über Österreichs größte Tageszeitung. Einigung – oder ab Donnerstag Krieg um die "Krone", kursierte zur mutmaßlich finalen Sitzung. Doch der Showdown am Donnerstag wurde nach STANDARD-Informationen kurz davor von Funke-Gruppe und Benko abgesagt.

Generalversammlung überraschend abberaumt

Bei der Generalversammlung am Donnerstag haben die deutsche Funke-Mediengruppe und Immobilienmilliardär Benko über ihre gemeinsame "Krone"-Beteiligung die Entlassung von Mitgesellschafter Christoph Dichand als Chefredakteur und Herausgeber beantragt. Die Vorwürfe, wie schon bei einem am 50:50-Patt mit den Dichands gescheiterten Anlauf im März: Dichand habe der Firma zu Unrecht verschiedene Spesen abgerechnet. Dichand bestreitet das.

Bis spätnachts wurde verhandelt, aber geeinigt hat man sich nicht. Warum haben Funke-Gruppe und Dichands die Generalversammlung am Donnerstag abberaumt? Menschen mit Einblick in die Verhandlungen berichten, man habe doch nicht alles in die Luft fliegen lassen wollen. Dazu kam ein praktischer Grund: Der Verhandlungsführer der Funke-Gruppe ist erkrankt.

Benko wollte offenbar die Gesprächsbasis mit den Dichands nicht vollends zerstören. Eine Entlassung oder zumindest ein neuerlicher Versuch der Entlassung hätten das aber bedeutet.

Millionengarantien für die Dichands

Denkbar wäre als Erklärung auch, dass Benko und die Funke-Gruppe Informationen haben über ein Ergebnis des jüngsten Schiedsverfahrens zwischen den Dichands und der Funke-Gruppe in ihrem Sinne.

Worum geht es in dem Schiedsverfahren? Die Funke-Gruppe hat Vereinbarungen über Vorrechte der Dichands in der "Krone" gekündigt, die sie dem österreichischen Gründer Hans Dichand eingeräumt hat, Christoph Dichands 2010 verstorbenem Vater. Die Dichands bekämpfen die Kündigung vor einem Schiedsgericht nach Schweizer Recht.

Die Vereinbarungen garantieren den Dichands jährlich hohe einstellige Millionenbeträge an Gewinn aus der "Krone"; wenn das Kleinformat sie nicht abwirft, müssen die Mitgesellschafter dafür geradestehen – das war in den vergangenen Jahren mehrmals der Fall. Zudem sehen die Rahmenvereinbarungen vor, dass die Dichands in der Redaktion und ihrer Besetzung das Sagen haben.

Dichands und eine Gesellschaft der Funke-Gruppe halten je 50 Prozent an der "Krone". Immobilienmilliardär René Benko hat sich Ende 2018 zur Überraschung und Irritation der Dichands mit vorerst 49 Prozent an der Funke-Gesellschaft beteiligt, die 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" besitzt. Benko will die Funke-Anteile komplett übernehmen, allerdings unter der Bedingung, dass die Vorrechte der Dichands fallen.

Der Poker zwischen Dichand und Benko

Die Dichands versuchen offenbar nachzuweisen, dass Benko schon die Mehrheit an der Funke-Gesellschaft gekauft hat. Nach Dichands Interpretation würde das den "Krone"-Verträgen widersprechen, und die Dichands könnten diese Anteile zum (sehr günstigen) Buchwert übernehmen. Dieser Nachweis sei Dichand aber bisher nicht gelungen, heißt es.

Benko hat dem Vernehmen nach alles versucht, um mit Christoph Dichand zu einer gütlichen Einigung zu kommen – notfalls mit viel Geld für Dichand. Das wiederum soll Benko nicht geglückt sein.

Benko steht hier, wohl ungewohnt für den Milliardär, jemandem gegenüber, der eigentlich nichts will (weil er mit garantiertem Gewinn und anderen Vorrechten und den Funktionen Herausgeber und Chefredakteur ohnehin alles hat) und der zudem wegen der Eigentümersituation innerhalb der Familie Dichand wenig Handlungsspielraum hat. Sollte sich Christoph Dichand auch nur einen Millimeter bewegen, braucht er die Zustimmung von Mutter Helga sowie seinen Geschwistern Michael und Johanna. Ihr Verhältnis war nicht immer von Harmonie geprägt.

Die Funke-Gruppe und Benko versuchen auch, bei den Stimmrechten der Dichands einen Hebel anzusetzen (etwa mit Klagen beim Handelsgericht Wien gegen die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung im März über Dichands Entlassung): Helga, Johanna, Michael und Christoph Dichand erbten die 50 Prozent an der "Krone" zu gleichen Teilen, also je 12,5 Prozent. Die beiden Funke-Klagen argumentieren nun: Durch die Aufteilung der 50 Prozent der Dichands unter den vier Erben auf je 12,5 Prozent hätten die Dichands weniger Stimmrechte. Denn: Der Gesellschaftervertrag sieht, grob gesagt, Stimmrechte für jeweils volle Prozente (eigentlich Stammeinlagen von 1.000 Schilling) vor. Wenn bei den Stimmrechten nur volle Prozente (oder volle 1.000 Schilling gelten), dann hätten sie damit insgesamt weniger als 50 Prozent Stimmrecht. Das wird von Dichands Anwälten bestritten.

Die deutsche Funke-Gruppe wiederum soll in Sachen "Krone" ein wenig unter Druck stehen: Kreditgebende Banken, die mit den Zeitungsanteilen abgesichert sind, sollen wegen der stockenden Verhandlungen ihres Kreditnehmers über den "Krone"-"Kurier"-Verkauf nervös werden, sagen Menschen mit Einblick in die Vorgänge.

  • Update: Bei der Funke-Gruppe weist man diese Behauptungen über kreditgebende Banken als unwahr zurück.

(fid, gra, 19.12.2019)