Als vor drei Jahren Tochter Alva zur Welt kam, haben sich Angelika Zelisko und ihr Mann Florian Rußmann die Karenzzeit halbe-halbe aufgeteilt: Beide waren acht Monate zu Hause. Zelisko ist stellvertretende Leiterin der Abteilung Forschungsförderung an der Universität für angewandte Kunst in Wien, Rußmann Pressesprecher und stellvertretender Geschäftsführer des österreichischen Eishockeyverbands. Seit ihrer Rückkehr in den Job arbeitet sie 32 Stunden und er 30. Für das Paar ist diese Aufteilung ideal – weshalb, erklärten sie im Gespräch mit dem STANDARD.

Sie: Viele Männer gehen nicht in Karenz, weil sie und der Arbeitgeber denken, es sei unmöglich. Das kann ich nicht nachvollziehen. Es passiert ja auch, dass man aus anderen Gründen eine Zeitlang ausfällt, etwa aus gesundheitlichen. Außerdem: Auch Frauen in Führungspositionen gehen in Karenz, und das muss dann ja auch gehen. Wobei unsere Situation sicher speziell ist: Wir verdienen circa gleich viel, und wir sind "gleich wichtig" im Beruf. Da gab es also kein Gefälle.

Er: Trotzdem ist es eine Entscheidung, die man trifft. Die hat auch nichts mit Geld zu tun. Natürlich braucht man Geld zum Leben. Aber wenn man einigermaßen verdient, kann man sich vor der Karenz etwas zusammensparen und eine Zeitlang mit weniger auskommen.

Sie: Bei Freunden von uns ist er Arzt, und sie arbeitet im Kulturbereich. Er ist genauso ein halbes Jahr zu Hause geblieben. Er meinte: Man leistet sich Reisen oder ein Auto, auch die Zeit mit dem Kind kann man sich leisten wollen. Für Florian war gleich klar, dass er in Karenz geht.

Angelika Zelisko und Florian Rußmann schupfen Kind und Haushalt gemeinsam.
Foto: Regine Hendrich

Er: Ein Kind zu haben ist ja ein einschneidendes Erlebnis. Natürlich wollte ich davon etwas mitbekommen. Ich wollte dabei sein, wie unsere Tochter größer wird und sich entwickelt. Die Entscheidung, wie lange ich dann tatsächlich zu Hause bleibe, habe ich Angelika überlassen. Sie meinte, dass sie nach acht Monaten wieder arbeiten gehen möchte. Ich habe gesagt, dass ich den Rest der Zeit übernehme.

Sie: Wir haben das so aufgeteilt, bevor Alva da war. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir allerdings nicht wirklich vorstellen können, wie es ist, mit einem Kind zu Hause zu sein. Freunde haben gesagt: Es ist schon sehr anstrengend, und es fällt einem die Decke auf den Kopf. Das war dann aber gar nicht so, und ich war etwas traurig, dass ich nicht länger bei ihr war. Aber natürlich hatte ich, wie auch zuvor, Freude an meiner Arbeit. Und Alva wurde ja auch nicht fremdbetreut, sie war daheim bei Florian, dem ich die Zeit mit ihr vergönnt habe.

Er: Im Sportsektor ist es unüblich, dass Männer in Karenz gehen. Für meinen Chef war das aber kein Problem – obwohl er zuerst dachte, dass es nur zwei Monate werden. Auch dass ich nach der Karenz nur noch Teilzeit zurückkommen wollte, war kein Problem. Mein Arbeitgeber akzeptiert, dass Kinder ein genauso wichtiger Bestandteil des Lebens sind.

Sie: Eine Auszeit vom Job kann einem ja auch sehr guttun – nicht nur, weil es schön ist, bei seinem Kind zu sein, sondern auch, weil man einen differenzierten Blick auf die Arbeit bekommt. Als ich zurückgekommen bin, habe ich viel darüber nachgedacht, was von dem, das ich mache, in zwei Jahren noch wichtig sein wird. Gerade als Frau neigt man dazu, sich in jedes Projekt reinreiten zu lassen. Mir hat die Karenz geholfen, meine Arbeitszeit und meine Energie besser zu investieren.

Er: Man arbeitet anders. Ich arbeite durch die 30 Stunden sehr viel gezielter und strukturierter. Ich habe gelernt, in kürzerer Zeit die gleiche Arbeit zu machen. Man muss natürlich auch erwähnen, dass wir sehr privilegiert sind: Wir können uns unsere Arbeitszeit flexibel einteilen. Wenn wir einmal früher wegmüssen, etwa wegen eines Elternachmittags im Kindergarten, geht das.

Sie: Auch Homeoffice ist bei unseren Berufen möglich. Bei vielen anderen nicht. Die Feinkostverkäuferin im Billa kann nicht zu Hause die Wurst vorschneiden. Mich stört, dass immer nur über ein spezielles Segment gesprochen wird, wenn es um Vereinbarkeit geht. Denn wenn man immer am Limit lebt und schauen muss, dass Geld reinkommt, kann man sich schlecht Gedanken darüber machen, wer wie lange in Karenz geht oder ob man Teilzeit arbeitet. Für Menschen, die wenig verdienen, bräuchte es eine bessere finanzielle Unterstützung. Für die, die mehr verdienen, braucht es vor allem eine übersichtlichere Information zu Karenzmodellen. Und Role-Models, die zeigen: Es geht, es ist schön, es tut uns als Familie gut. (Aufzeichnung: Lisa Breit, 28.12.2019)