Jener Mann, der verdächtigt wird, einen Anschlag auf dem Wiener Stephansplatz geplant zu haben, befand sich in Deradikalisierungsprogrammen.

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Wien – Nachdem der Verein Derad am Donnerstag Kritik daran geübt hat, dass die Finanzierung von Deradikalisierung nicht immer funktioniere, kündigt das Justizministerium nun Änderungen an. Konkret geht es um Deradikalisierung nach der Haft, also wenn in der Bewährungszeit eine solche per Weisung verordnet wird. Einzelne Gerichte waren in der Vergangenheit trotz Weisung nicht bereit, diese zu finanzieren.

Das Problem: Diese Weisungen sind unklar geregelt. Klar ist etwa, dass eine auferlegte Psychotherapie von den Gerichten bezahlt wird; geht es um Deradikalisierungsarbeit, wurden aber Honorare nicht immer beglichen.

Nun gibt das Justizministerium gegenüber dem STANDARD an, dass man dieses Problem kenne und versucht, "legistisch daran zu arbeiten, diesen Umstand zu verbessern". Das Ministerium könnte das etwa per Erlass regeln oder indem Paragraf 51 Absatz 3 des Strafgesetzbuchs novelliert wird. Darin ist geregelt, welche Auflagen einem Gesetzesbrecher nach der Haft auferlegt werden können. Wie genau man gedenkt, die Lücken in der Finanzierung zu schließen, will man im Justizministerium derzeit aber nicht sagen.

Steigende Zahl an Verurteilungen

Zuvor gaben mehrere damit befasste Organisationen gegenüber dem STANDARD an, dass die Finanzierung der Deradikalisierungsarbeit nach der Haft problematisch sei. Weil das Feld recht neu ist – die Zahl der Verurteilungen wegen Terrordelikten steigt in den letzten Jahren konstant an –, gebe es noch keine zufriedenstellende Lösung, so der Tenor.

Auch in Haft arbeitet der Verein Derad mit Terrorstraftätern und auch wegen anderer Delikte Verurteilten, die eine entsprechende Gesinnung aufweisen. Die dortige Finanzierung ist gesichert, heißt es von Derad. Gefängnisseelsorger bemängeln allerdings, dass ihnen die Mittel zur Deradikalisierungsarbeit fehlen würden.

Auch jener Mann, der verdächtigt wird, einen Anschlag auf dem Wiener Stephansplatz geplant zu haben, befand sich in Deradikalisierungsprogrammen. Schon im Jahr 2016 wurde er vom Verein Neustart als radikal eingestuft. Für die Zeit nach der Haft jedoch gab es keine Weisung für eine Betreuung durch Derad, gibt der Verein an. Man habe ihn deshalb zweimal ehrenamtlich getroffen. (Gabriele Scherndl, 20.12.2019)