Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil

Foto: Standard/Cremer

Es gilt ja nicht nur für die SPÖ, aber für diese derzeit ganz besonders: Wo eine Partei in Kalamitäten steckt, gebiert sie aus ihren Reihen langjährige Genossen, die sich auf Heilung spezialisieren, ohne welche anbieten zu können, aber auf dem Boulevard mit homöopathischen Rezepten hausieren gehen. Groß in diesem Geschäft ist derzeit der burgenländische Landeshauptmann unterwegs. Ein anderer ist der Tiroler Parteiobmann, der hat sich allerdings neulich unwaidmännisch ins Knie geschossen, was ihn nicht hinderte, den Rücktritt anderer zu fordern.

So leistete Doskozil Donnerstag in "Heute" einen starken Beitrag zur Konsolidierung seiner Partei mit dem Satz "Sturz der Vorsitzenden nicht zielführend". Nähere Angaben zum Ziel blieben aus, hingegen schien eine Interpretation der Feststellung nötig, um Missverständnisse offenzuhalten. Die erfolgte so: Es war wichtig, sie in dieser Situation zu unterstützen. Wie weit sich ein Politiker, eine Politikerin von der Aussage, ihr Sturz sei nicht zielführend, unterstützt fühlen darf, bleibt sozialdemokratisches Parteigeheimnis. An Präzision, worum es in der SPÖ derzeit geht, ließ es Doskozil nicht mangeln: Es geht um strukturelle und inhaltliche Probleme, um die Frage der Positionierung der SPÖ.

Vanillekipferlrezept

Dieser luziden Analyse war ein sehr privates Interview gemeinsam mit Partnerin Julia in der "Kronen Zeitung" vorangegangen, dem im Blatt am Dienstag mit einem Foto nachgeschmeckt wurde, auf dem der Landeshauptmann manspreading eine Holzstiege besetzte, besagte Partnerin zwischen den Knien. Diese sollte Montag in der politischen Berichterstattung von "Österreich" gleich zweimal eine Rolle mitspielen. Auf Seite 6 sah man unter dem Titel Vanillekipferl vom Landes-Chef: "Doskos Back-Show" einen Teig knetenden Doskozil, flankiert von Partnerin Julia, die ihm bewundernd zusieht. Sozialdemokraten haben es bekanntlich mit Volksbildung, daher: Hans Peter Doskozil verrät auf Instagram sein Vanillekipferlrezept. Und Doskozil und Verlobte Julia zeigten auch gleich, wie es geht: Der SPÖ-Landeshauptmann und seine Zukünftige backen gemeinsam für einen Adventmarkt – anschließend gab es ein High Five. Vermutlich eine burgenländische Sexualpraktik.

Auf Seite 8 – doppelt hält besser – dasselbe Foto, diesmal keine Rede von Instagram, sondern: Doskozil postet sich beim Keksebacken mit Verlobter Julia. Aus der "Back-Show" des polymorph korrespondierenden Bäckers wurde diesmal eine Verlobungs-Show im Wahlkampf. Das zeugt davon, dass Doskozil um strukturelle und inhaltliche Pro bleme, wie sie beim Vanillekipferlbacken ebenso wie in der SPÖ auftreten, bestens Bescheid weiß und in der Lage ist, den zähen Teig der politischen Theorie so lange zu kneten, bis das daraus geformte ideologische Vanillekipferl von der SPÖ nicht mehr zu unterscheiden ist. Wenn das allgemeine Interesse an Doskozils Vanillekipferlrezept nur nicht zulasten der SPÖ-Rezepte geht! Mindestens einen Monat wird die Liebesshow sicher noch andauern, meinte "Österreich", aber keine Angst. Doskozil beim Backen von Faschingskrapfen und Osterpinzen wird beweisen, dass die derzeitige Backorgie mit Wahlen nichts zu tun hat.

Nachbearbeitung als Leserbrief

Die in der "Krone" übliche Nachbearbeitung der redaktionellen Beiträge in Form von Leserbriefen blieb auch im Falle Doskozil nicht aus, leider ohne die zuckerbäckerischen Qualitäten des Landeshauptmannes auch nur am Rande zu erwähnen. Der Bericht des Blattes zeigt deutlich auf, wie Doskozil die Politik im Gegensatz zur Bundes-SPÖ gestaltet, sodass seine Beliebtheit und Erfolgserwartung im Hinblick auf die bevorstehende Burgenland-Wahl nach wie vor intakt ist. Die Frage, ob die Vorsitzende, deren Sturz nicht zielführend ist, künftig stärker ihr Talent am Vanillekipferl erproben sollte als im Nationalrat, wurde von dem Leser aus Völs nicht ausdrücklich aufgeworfen, hing aber im Raum.

In poetische Höhen schwang sich ein anderer auf, der sich mühelos in das traute Paar hineinversetzte. Als die hübsche Julia / zum ersten Mal Hans Peter sah, / dachte sie sich, diesen Mann / rede ich jetzt einfach an, / denn ich denk, das ist ein netter. / Nun entschloss sich auch Hans Peter / seine Julia zu fragen: / Willst du es denn mit mir wagen / (Wenn du jetzt Nein sagst, dann verzeih), / dass wir heiraten im Mai? Und so weiter.

Wer Anteilnahme so berührend auszudrücken versteht, hat sich Doskos Vanillekipferlrezept redlich verdient. (Günter Traxler, 22.12.2019)