Das Schweizer Unternehmen Allseas hat mindestens ein Schiff in Verwendung, dass Rohre für das Projekt verlegt hat.

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Washington – Die USA wollen die Gaspipeline Nord Stream 2 kurz vor der Fertigstellung stoppen und haben trotz des Widerstands Deutschlands Sanktionen gegen beteiligte Firmen erlassen. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Freitagabend (Ortszeit) auf einer Luftwaffenbasis bei Washington ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt. Das Sanktionsgesetz gegen Nord Stream 2 ist Teil des Pakets.

Mit Trumps Unterschrift trat es in Kraft. Das Vorgehen zeigte Wirkung: Bereits unmittelbar vor der Unterzeichnung kündigte die am Projekt beteiligte Schweizer Firma Allseas an, den Pipeline-Bau angesichts der Sanktionen bis auf Weiteres auszusetzen.

Keine Gegenmaßnahmen aus Deutschland

Das Konsortium will die Pipeline aber weiterbauen. "Das Projekt fertig zu stellen ist unerlässlich für die europäische Versorgungssicherheit. Zusammen mit den beteiligten Firmen werden wir daran arbeiten, die Pipeline so schnell wie möglich fertig zu bauen", teilte das Konsortium am Samstag mit. Der russische Konzern Gazprom , der hinter dem Projekt steht, lehnte einen Kommentar ab.

Das Außenministerium in Moskau sieht die Fertigstellung der Pipeline nicht in Gefahr: "Russland hat seine Wirtschaftsprojekte umgesetzt und wird sie weiter umsetzen – unabhängig von irgendwelchen Sanktionen", so das russische Ministerium.

Die deutsche Regierung verurteilte den Schritt als "Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten", verzichtet aber auf Gegensanktionen. Die EU-Kommission reagierte zurückhaltend.

Brief der Senatoren

Die US-Strafmaßnahmen des "Gesetzes zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Washington argumentiert, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Moskau begeben würde. Ins Visier der USA ist die Schweizer Firma Allseas geraten. Zwei prominente republikanische US-Senatoren forderten den Offshore-Pipelinespezialisten zum sofortigen Stopp der Arbeiten auf. Eine Übergangsfrist gebe es nur im Ausnahmefall: Nur dann, wenn Unternehmen überzeugend darstellten, dass sie ihre Arbeiten an dem Projekt abwickelten.

Wer Schiffe für die Verlegung der Rohre zur Verfügung stelle, werde bestraft, hieß es in dem Brief. Gegen betroffene Personen würden Einreiseverbote in die USA verhängt. Etwaiger Besitz von Allseas in den Vereinigten Staaten würde eingefroren. Das würde auch das Vermögen von Allseas USA mit Sitz in Houston (Texas) sowie Schiffe des Unternehmens betreffen, die US-Hoheitsgewässer befahren sollten.

Russisches Gas

Die Firma kündigte dann am frühen Samstagmorgen – "in Erwartung der Verfügung" – auf ihrer Homepage in einem kurzen Statement an, die Pipeline-Arbeiten zunächst aussetzen zu wollen. Man werde die Arbeiten wieder aufnehmen im Einklang mit der Gesetzgebung und erwarte Orientierungshilfe der zuständigen US-Behörde, teilte Allseas mit.

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bisher wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2.100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch. Allseas hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, man spekuliere nicht über potenzielle Auswirkungen von Sanktionen. (APA, Reuters, 21.12.2019)