Der Bundesgeschäftsführer der SPÖ, Christian Deutsch, zeichnet ein katastrophales Bild von den Parteifinanzen. In einem geheimen Tonbandmitschnitt von einer internen Betriebsversammlung sagte er, dass es im Fall von Neuwahlen womöglich ein Wahlkampf "ohne Plakate und ohne Inserate" werde – schlichtweg, weil der Partei das Geld fehle.
Die Aufnahme wurde SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Freitagabend in der "ZiB 2" vorgespielt. Ihre Reaktion: Sie hofft, dass es nicht wieder zu verfrühten Wahlen kommen werde und findet es bedenklich, dass solche Aufnahmen überhaupt existieren.
Spenden sammeln
Doch damit war der Mitschnitt nicht beendet. In einem weiteren Ausschnitt spricht Deutsch davon, dass sich die Partei um höhere Einnahmen bemühen muss. Vor allem in Form von Spenden. Dabei hatte die SPÖ im Wahlkampf noch andere Parteien kritisiert, die ebendas machen. Rendi-Wagner damals dazu: "Politik darf nicht käuflich sein". In der "ZiB 2" sagt sie nun, dass Spenden "an sich nicht verwerflich sind" und sich die Partei an die gesetzlichen Vorgaben halten werde. Eben dass eine Spende nicht höher als 7.500 Euro sein darf.
Dass es schlecht um die Finanzen der SPÖ steht, ist bereits länger bekannt. Der Schuldenstand beträgt 14,9 Millionen Euro. Durch das katastrophale Abschneiden bei vergangenen Wahlen fehlt nun auch wichtige Parteiförderung.
Debatte um Kündigungen
Die Partei hat Ende November 27 Mitarbeiter beim Arbeitsmarktservice zur Kündigung angemeldet. Wie viele Leute tatsächlich mit 31. März die Zentrale verlassen müssen, sagte Rendi-Wagner im ORF-Interview noch nicht: "Aus vertraulichen Gründen:" Sie ist sich aber sicher, dass die Partei finanziell stabilisieren könne, nachdem "schmerzliche Schritte notwendig" waren, wie die SPÖ-Chefin sagt. Heuer soll die SPÖ zudem die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro eingehalten haben. Fix sei das aber erst, wenn alle Kosten eingemeldet seien. Und das müsste bis September 2020 passieren, sagt Rendi-Wagner.
Über die veröffentlichten Tonmitschnitte entspannte sich eine Diskussion in sozialen Netzwerken. Die Anwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD in medienrechtlichen Fragen vertritt, äußerte sich dazu auf Twitter. Ihr Fazit nach einem Thread: "Heimliche Tonaufnahmen dürfen/sollten nur dann veröffentlicht werden, wenn es einem höhergradigen Interesse dient. Das kann ich in diesem Fall nicht erkennen, aber das entscheiden im Streitfall Gerichte, die alle Argumente sorgfältig im Einzelfall abwägen müssen."
Auch FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer meldete sich per Aussendung zu Wort: "Man kann zur SPÖ-Chefin stehen wie man will", schreibt er. Aber die Veröffentlichung der geheimen Mitschnitte sei eines öffentlich-rechtlichen Senders nicht würdig, so Hofer.
Rechtliche Schritte
Die SPÖ prüft rechtliche Schritte, nachdem der ORF die Tonbandaufnahme veröffentlicht hatte. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch kritisierte im Gespräch mit der APA sowohl den "Vertrauensbruch" durch den Mitschnitt bei einer Betriebsversammlung im November als auch die Veröffentlichung durch den ORF.
Der Urheber der Aufnahme wird laut Deutsch nur schwer ausfindig zu machen sein. Er will dennoch prüfen, ob ein strafrechtlich relevanter Missbrauch von Tonaufzeichnungsgeräten vorliegt und die Causa allenfalls bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Denn für die Ausstrahlung der Aufnahme wäre seine Zustimmung nötig gewesen, so der SP-Bundesgeschäftsführer: "Auch für den ORF gelten die Gesetze."
ZiB2-Moderator Martin Thür hatte die Ausstrahlung der Tonaufnahmen bereits unmittelbar nach der Sendung am Freitagabend mit deren politischer Relevanz gerechtfertigt: "Diese sind relevant, weil Christian Deutsch dort die Kampagnenfähigkeit der Partei in Frage stellt und vermehrte Spendenakquise in Aussicht stellt. Das sind politisch hoch relevante Fragen."(red, APA, 21.12.2019)