Der Druck wächst: Trotz Zugeständnissen wollen die Gewerkschaften gegen Macrons Pläne weiter demonstrieren.

Zu seinem Geburtstag machte Emmanuel Macron am Samstag den Franzosen ein Geschenk: Der nunmehr 42-jährige Staatschef kündigte an, auf seine Pension in Höhe von 6220 Euro zu verzichten. Dieser Betrag steht jedem ehemaligen Staatspräsidenten Frankreichs zu. Macron will das zugrunde liegende Gesetz von 1955 generell aufheben.

Die Ankündigung ist ein Signal: Die Renten aller Franzosen – auch des Präsidenten – sollen nach dem gleichen Punktesystem berechnet werden. Dieser Kerninhalt der Rentenreform ist sehr umstritten. Eine Bevölkerungsmehrheit lehnt diese Berechnungsmethode aus Angst vor Verlusten ab. Die gleichzeitige Abschaffung der 42 "régimes spéciaux" (Spezialrenten) – etwa von Eisenbahnern, Elektrizitäts- und Metroangestellten – wird hingegen von den meisten Franzosen begrüßt.

Macron galt bisher als "Präsident der Reichen"

Macron kündigte ferner an, nach seinem Amtsende keinen Sessel im Verfassungsrat zu besetzen – auch dieses Recht steht jedem Ex-Präsidenten zu. Macron verliert damit weitere Honorare im Umfang von 13.300 Euro.

Insgesamt verzichtet er also nach seiner Pensionierung auf fast 20.000 Euro an Monatseinkünften, während etwa seine Vorgänger François Hollande und Nicolas Sarkozy unbestätigten Angaben zufolge weit über 10.000 Euro im Monat erhalten; der dritte noch lebende Ex-Präsident, Valéry Giscard d’Estaing, sitzt weiterhin im Verfassungsrat.

Macron galt bisher als "Präsident der Reichen" und als Vertreter der Pariser Elite, die sich aus der Staatskasse bedient.

Auffällig sind die Umstände der Ankündigung. Macron, der bisher zu seiner eigenen Rentenreform geschwiegen hatte, um seine Gegner nicht zusätzlich zu reizen, sprach während einer Reise durch Westafrika. Dort versucht er, eine militärische Koalition gegen die Bedrohung durch Jihadisten zu zimmern. Von den französischen Medien zum Rentenkonflikt in Frankreich befragt, forderte Macron vor allem die seit Wochen Streikenden auf, während der Festtage eine "Waffenruhe" einzuhalten. "Es gibt Momente im Leben einer Nation, in denen es gut ist, eine Ruhepause zu machen und das Leben der Familien zu respektieren", meinte er.

Kalkül: Streikfront brechen

Das präsidiale Kalkül dahinter: Wenn die leicht verminderte Streikfront weiter bröckelt und vielleicht gar pausiert, würde es den Gewerkschaften im Jänner schwerfallen, die Proteste neuerlich anzukurbeln. Die Franzosen, deren Nerven wegen der Verkehrsstaus bereits auf eine harte Probe gestellt wurden, hätten kaum mehr Verständnis dafür.

Doch die Gewerkschaften mobilisieren weiter. Zu den streikenden Verbänden CGT, FO und SUD gesellten sich am Freitag auch die Eisenbahner der gemäßigten CFDT. Macron hatte sie zuletzt vergeblich umgarnt.

Der Zugverkehr bleibt damit auch über die Festtage stark behindert. Von den TGV-Zügen verkehrt nur etwa die Hälfte. Betroffen sind auch zahlreiche Verbindungen ins grenznahe Ausland. (Stefan Brändle aus Paris, 22.12.2019)