In dünnen Wolkenschichten (hier über der Region Leipzig) lassen sich die Eisbildungsprozesse im Detail beobachten.

Foto: Johannes Bühl, TROPOS

Ein Kernelement des Wasserkreislaufs auf der Erde ist die Bildung von Eis in Wolken. Der Vorgang ist ein komplexes Zusammenspiel von Aerosolpartikeln, Luftbewegung und mikrophysikalischen Eigenschaften der Wolken. Daher fällt es den Wissenschaftern in der Regel schwer, den konkreten Eisbildungsprozess zu isolieren, um ihn einzeln untersuchen zu können – und doch ist das Verständnis der Eisbildung im Detail nötig, um diesen Mechanismus in den Wetter- und Klimamodellen besser abbilden zu können. Nun haben Wissenschafter aus Leipzig in der Natur erstmals einen Mechanismus beobachtet, der zuvor nur in der Theorie existierte.

Dünne Wolkenschicht mit wenig Eis

Um andere Prozesse auszuschließen, konzentrierten sich die Wolkenforscher auf eine wenig spektakuläre und daher wenig betrachtete Form von Wolken: Sie untersuchten große Wolkenfelder in etwa zwei bis acht Kilometern Höhe, die in ihrer vertikalen Ausdehnung jedoch nur 100 bis 200 Meter "dick" waren und mit rund einem Mikrogramm pro Kubikmeter extrem wenig Eis enthielten.

Solche sogenannten Mischphasenwolken enthalten sowohl Eispartikel, Wasserdampf als auch unterkühlte Flüssigkeitströpfchen. Sind derartige Wolken dünn genug, lässt sich sowohl das Eis mit einem Wolkenradar als auch die vertikale Luftbewegung mit einem sogenannten Doppler-Lidar erfassen, da der Laserstrahl dieses Instruments die dünnen Wolken noch gut durchdringen kann.

Beide Instrumente waren also nötig, um die Turbulenz und die Eisbildung in diesen Wolken über Leipzig vom Boden aus untersuchen zu können. "Der Effekt wurde erst sichtbar, als wir das Eis direkt an der Wolkenunterkante betrachtet haben. Dadurch gelang es uns, erstmals den Zusammenhang zwischen Turbulenz und Eisbildung vor Ort in der Atmosphäre nachzuweisen", erklärt Johannes Bühl vom Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS): "Je stärker eine Wolke ‚durchgeschüttelt‘ wird, desto mehr Eis fällt aus ihr heraus."

Einfluss der Aerosole

Dieser Zusammenhang wurde für Wolken gemessen, die kälter als -12 Grad Celsius sind, wie die Forscher im Fachjournal "npj Climate and Atmospheric Science" berichten. Als nächstes wollen die Fernerkundungsexperten den Einfluss der Aerosole näher erkunden, indem sie Anfang (Eisnukleation) und Ende (Niederschlag von Eispartikeln) des Eisbildungsprozesses näher unter die Lupe nehmen.

Die Eisbildung in Wolken ist ein wichtiger Prozess in der Atmosphäre, denn ohne dieses Eis würde aus den Wolken in den mittleren Breiten der Erde praktisch kein Niederschlag fallen. So weitreichend diese Vorgänge auch sind, viele Details davon sind bisher nicht ausreichend verstanden und werden daher in den Wetter- und Klimamodellen nicht berücksichtigt. Entsprechend ist die Niederschlagsvorhersage mitunter deutlich häufiger mit Fehlern behaftet als die Vorhersagen für die Temperaturen. (red, 23.12.2019)