Nach langem Hin und Her veröffentlichte die FPÖ am 23.12. den Historikerbericht, der die Entstehungsgeschichte der Partei ausarbeiten solle.

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Endlich ist er da, der langersehnte freiheitliche Historikerbericht. Man muss der FPÖ dazu gratulieren: Sie hat ein Dokument von hohem zeitgeschichtlichem Wert geschaffen. Denn der Bericht zeigt wie kein zweites Manufaktum, wie wehleidig diese Partei ist. Wie krude ihre Weltsicht ist – und wie paranoid und hysterisch sie ist.

Man beginne mit der Entstehungsgeschichte des Berichts: Die Idee dazu ward nach der Liederbuchaffäre im Frühjahr 2018 geboren. Da wurde publik, dass man bei der Burschenschaft des damaligen Spitzenkandidaten für die Niederösterreich-Wahl weiterhin antisemitische Liedtexte vorfindet. Um das Thema aus den Schlagzeilen zu kriegen, beschloss die FPÖ daher, einen Bericht zu ihrer Entstehungsgeschichte und ihren Anknüpfungspunkten zum Nationalsozialismus und, später, ihren Verflechtungen zum Neonazismus vorzulegen. Heute bestreitet Andreas Mölzer freilich sein Zitat, man habe die FPÖ damit aus den Schlagzeilen kriegen wollen. Mölzer hat ja leidvolle Erfahrungen mit Missverständnissen, man erinnere sich nur an seine EU-Kandidatur 2014.

Nach langem Hin und Her war der Historikerbericht dann fertig, dann wieder nicht, dann wollte man sich ihn noch von israelischen Historikern beglaubigen lassen, dann plötzlich Diskussionen mit Andersdenkenden veranstalten, die allerdings "konzertiert" absagten, wie die FPÖ meint – sich also gegen sie verschworen. Nun ist der Historikerbericht plötzlich da, einen Tag vor dem Heiligen Abend. "Ein Geschenk an die Gegenöffentlichkeit", sagte Generalsekretär Christian Hafenecker zynisch. Da braucht es nicht viel Grips, um den Zweck des Termins zu verstehen: Am 23. Dezember, einem schulfreien Montag, sind die Redaktionen halb leer – und auch die Menschen haben glücklicherweise Besseres zu tun, als sich den Kopf über den blauen Historikerbericht zu zerbrechen. Aber das Gegengeschenk, den Bericht über die Feiertage zu vergessen, wird "die Gegenöffentlichkeit" der FPÖ sicher nicht machen.

Zum Inhalt lässt sich wenig sagen. Immerhin protzt der Bericht mit Quantität – knapp 700 Seiten erwarten den leidenswilligen Leser. Leidenswillig deshalb, weil schon nach wenigen Seiten die Richtung klar vorgegeben ist. Da verbraucht Klubobmann Herbert Kickl die Hälfte seines eine Seite langen Vorworts damit, gegen das "Establishment" zu Felde zu ziehen und SPÖ und Grüne zur Aufarbeitung ihrer Beziehung mit dem Linksextremismus aufzufordern. Dann kommt Hafenecker, der jammert, dass dieser Bericht wohl keine "gebührende Anerkennung" finden wird. Im Bericht darf Hafenecker dann auf 16 Seiten ein "Best of Ausreden" bei Einzelfällen zelebrieren. Der umstrittene Historiker Thomas Grischany (Zitat: "Der wahre Faschismus wird erst kommen") analysiert, dass die FPÖ nicht einmal rechts sei, sondern "eine ideologische Mittelposition" einnehme. Und so weiter und so fort.

Das ist kein "Geschenk an die Gegenöffentlichkeit", das ist ein Weihnachtsmärchen, das die FPÖ auftischt. (Fabian Schmid, 23.12.2019)