Eine illegal gelegte Stromleitung hatte Matthew Beckstead einst fasst das Leben gekostet. Bei der Arbeit an einer großen Plakatwand geriet er mit einem Rohr in Kontakt, das unerwartet unter Strom stand. 27.000 Volt flossen durch seinen Körper. Er ging in Flammen auf und wurde in die Tiefe geschleudert. Den Unfall überlebte er, doch seine Hände mussten amputiert werden.

Das ist Jahre her und seitdem musste er selbst alltäglichste Tätigkeiten neu beibringen. Der Traum, seine Hände wieder zu erlangen, blieb unerfüllt. Bis er 2016 schließlich an einer Untersuchung des technischen Instituts der University of Utah teilnahm. Dort wird an "Luke" gearbeitet, einer Unterarmprothese, die an das Nervensystem gekoppelt ist. Das Projekt wird von einem Programm des US-Verteidigungsministeriums sowie der National Science Foundation finanziert.

Utah COE

Begeisterung bei den Probanden über haptisches Feedback

Der Name ist Abkürzung und Star Wars-Anleihe zu gleich. Er erinnert an den Jedi-Helden Luke Skywalker, der bei einem Lichtschwert-Duell mit Darth Vader eine Hand verlor. Gleichzeitig ist der Name ein Akronym für "Life Under Kinetic Evolution". Verbunden ist das Gerät mit den verbleibenden Nervensträngen und Muskeln am Ende des Armes. Bewegt werden die Prothese und ihre Finger primär per Gedankensteuerung.

Dazu kommen Sensoren in der Prothese, die auch haptisches Feedback liefern, wenn die Finger etwas berühren oder bewegt werden. Das erleichtert auch die "Dosierung" der Griffstärke, etwa beim Aufheben zerbrechlicher Objekte wie Eier.

Zwei spezielle Elektroden-Arrays wurden in Becksteads Arm verpflanzt. Und zur Überraschung der Forscher, die den Versuch begleiteten, lernte er schnell, Kraft der Gedanken Finger zu bewegen. Der Patient zeigte sich begeistert vom Ergebnis.

Foto: University of Utah

Auch andere Probanden waren voll des Lobes. Ein Teilnehmer erklärte, es fühle sich so an, als hätte man die verlorene Hand wieder. Ein anderer, der sich nach dem Verlust seiner Hände zurückgezogen hatte und die meiste Zeit Videospiele mit den Füßen spielte, begann, die anderen Aspekte seines Lebens wieder zu entdecken.

Luke baut auf der Arbeit von Steve Jacobsen auf, der schon in den 1970ern mit Nervenanbindung und motorisierten Armprothesen experimentiert hatte. Die erste Iteration der künstlichen Hand, war ein wissenschaftliches 3D-Modell einer Hand, das rein am Computer existierte. Es folgte ein Prototyp aus dem 3D-Drucker, der zwar an keine Nerven gekoppelt war, aber sich mit Gedankensteuerung kontrollieren ließ.

Wieder Nägel einschlagen können

Ein weiterer Teilnehmer, Perry Pezzarossi, ließ sich vor dem Versuch die rechte Hand amputieren. Im Militärdienst wurde sein Handgelenk zertrümmert, seitdem lebte er mit chronischen Schmerzen, wollte sich aber die Hand nicht entfernen lassen. Die Aussicht auf die Prothese führte schließlich dazu, dass er seine Entscheidung änderte. Es gab allerdings Sorgen, dass er sich schwer tun würde, da er seine eigene Hand schon lange nicht mehr benutzt hatte. Laut den Wissenschaftlern war er dennoch schnell erfolgreich darin, Luke zu kontrollieren.

Foto: University of Utah

Mit seiner linken, intakten Hand sei die Prothese vom Gefühl her nicht vergleichbar. Man müsse neu lernen, wie man die Hand bewege. Das sei schwer, das Ergebnis aber großartig. Dank der Erfindung kann er nun selbständig Pölster überziehen und Nägel einschlagen, was er schon jahrelang nicht mehr gemacht hatte.

Dass die Technik schon so weit sei, hätte er nicht erwartet. Er hofft, dass die künstliche Hand auch anderen Menschen hilft, die ihre Hände nicht mehr nutzen können und in Schmerzen leben. "Wenn man verhindern kann, dass nur ein Mensch das durchmachen muss, was ich durchgemacht habe", sagt Pezzarossi, "dann habe ich gewonnen." (red, 26.12.2019)