Vorteile einer EU-Mitgliedschaft seien "nicht von außen zu haben", meint der EU-Parlamentspräsident.

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London/Berlin – EU-Parlamentspräsident David Sassoli hat eine harte Haltung der EU in den Nach-Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien angekündigt. Die EU werde keine Vereinbarung zulassen, bei der "Großbritannien vollen Zugang zum Binnenmarkt hätte, aber zugleich die hohen sozialen, arbeitsrechtlichen und ökologischen Standards unterwandern könnte", sagte Sassoli am Freitag.

Zwar wolle die EU künftig so eng wie möglich mit Großbritannien zusammenarbeiten, betonte der Parlamentspräsident. Doch seien die Vorteile der EU-Mitgliedschaft "nicht von außen zu haben".

Sassoli zeigte sich überzeugt, dass das Europäische Parlament dem Austrittsabkommen mit London zustimmen wird: "Wir haben mit dem vorliegenden Abkommen alles getan, um den Schaden so gering wie möglich zu halten", sagte er. "Aber der Brexit ist und bleibt unheimlich schmerzlich."

Übergangsphase bis Ende 2020

Der britische Premierminister Boris Johnson strebt den Austritt für den 31. Jänner an. Seine Tories verfügen seit der Neuwahl vom 12. Dezember über eine komfortable Mehrheit von 365 der 650 Abgeordneten. Damit gilt als sicher, dass er die notwendige Zustimmung zu seinen Brexit-Plänen bekommt.

Nach dem Austritt beginnt dann eine Übergangsphase, in der Großbritannien im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt. In diesem Zeitraum wollen beide Seiten ein großes Freihandelsabkommen aushandeln. Die Übergangsphase dauert bis zum 31. Dezember 2020, kann aber einmal um bis zu zwei Jahre verlängert werden. Eine solche Verlängerung will Johnson allerdings ausschließen. Er hat deshalb in seinem Brexit-Gesetz verankert, dass London keine weitere Frist bei der EU beantragen kann.

EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen sieht das wiederum anders. Sie will mehr Zeit für die Verhandlungen in der Übergangsphase. Beide Seiten sollten sorgfältig abwägen, ob der geplante Rahmen von elf Monaten ausreiche, sagte von der Leyen am Freitag zur französischen Tageszeitung "Les Echos". "Es wäre vernünftig, Mitte des Jahres Bilanz zu ziehen und dann, falls nötig, sich auf eine Verlängerung der Übergangsphase zu einigen."

Von der Leyen weist Vorwürfe in Berateraffäre zurück

Unterdessen hat von der Leyen im Zusammenhang mit der Berateraffäre Vorwürfe angesichts der Löschung von Handydaten zurückgewiesen. "Ich habe beide Handys, die ich als Verteidigungsministerin verwendet habe, im Ministerium abgegeben." Alle Fragen dazu müssten dort gestellt werden, sagte die heutige EU-Kommissionspräsidentin dem "Spiegel".

Von der Löschung habe sie keine Kenntnis gehabt. Der Grünen-Politiker Tobias Lindner hatte Strafanzeige wegen der Datenlöschung gestellt. Von der Leyen sagte weiter: "Die Geräte gehören dem Ministerium und mussten deshalb auch dort abgegeben werden." Zu der Datenlöschung sagte sie: "Das weiß ich auch nur aus der Zeitung. Ich bin seit 17. Juli nicht mehr im Verteidigungsministerium gewesen." (APA, AFP, Reuters, 27.12.2019)