Helmut Schlader steht das Wasser an diesem kalten Wintermorgen zwar nicht bis zum Hals, aber immerhin auf Kniehöhe. Der 43-Jährige ist zu einem Inspektionsbesuch ausgerückt – und begutachtet mit sichtbarer Sorge den Wasserstand in dem Bach: "Unglaublich niedrig." Für die Bewohner scheint es aber immer noch ausreichend nass zu sein. In dem aufgestauten Bereich tummeln sich unzählige Störe. Lebende Fossile, die es seit mehr als 250 Millionen Jahren gibt. Der Knochenfisch mit dem eigenwilligen Aussehen hat die Dinosaurier und mehrere Eiszeiten überlebt. Nur am Menschen ist das wuchtige Flossentier beinahe gescheitert. In der Donau etwa ist die Fischart nahezu ausgestorben.

Helmut Schlader setzt auf heimische Edeleier.
Foto: Simlinger

Wohl auch, weil der stolze Fisch oft nur als Verpackungsmaterial gesehen wird. Im Zentrum der lukullischen Begierde stehen die fischig-nussigen Eier der Weibchen: der Kaviar.

Helmut Schlader ist zwar vom Stör an sich begeistert, das Geschäft macht der Betriebswirt aber dennoch mit den kleinen Luxuskugerln. Bis 2013 war Schlader für einen heimischen Lebensmittelriesen international unterwegs. In Rumänien kam es dann zu der folgenreichen Begegnung: Kaviar aus einem Zuchtbetrieb erfreute Schladers Gaumen so sehr, dass er sich dazu entschloss, dem Lebensmittelhandel den Rücken zu kehren und gemeinsam mit seiner Frau Oberösterreichs einzige Kaviarproduktion auf die Beine zu stellen.

Fünf Tonnen im Wasser

Nahe dem elterlichen Bauernhof wurde eine ehemalige Biogasanlage entsprechend adaptiert. Und die Schladers tauchten mit zahlreichen Kursen und Fachbüchern in die Welt der Störe ein. Heute tummeln sich unter dem Namen "Alpenkaviar" in großen Betonbecken und einem nahen Bach rund fünf Tonnen an Fischen im kristallklaren Kalkalpenwasser. Baeri (Sibirischer Stör), Guldenstaedti-Ossietra (Russischer Stör), Ruthenus (Der Sterlet ist die einzige noch natürlich vorkommende Störart in Österreich) und als Krönung noch die Edelvariante: Almas vom Albino-Stör.

Der "Kuchen der Freude": Bereits die Römer, Griechen und Ägypter schworen auf das schwarze Gold.
Foto: Manfreddo/Simlinger

"Weltweit werden nur wenige Kilo Almas-Kaviar produziert. Wir schaffen es, jährlich zwei bis drei Kilo dieses besonderen Kaviars zu produzieren." Helmut Schlader hat mittlerweile im Verkostungsraum der fischigen Firmenzentrale Platz genommen. Viel Sichtbeton, offene Weinregale mit edlen Tropfen und natürlich die Edeleier in mindestens so feinen Dosen.

Schlader ist vom weißen Kaviar hörbar begeistert: "Dieser champagnercremige, dottrige Geschmack ist unvergleichlich. Das sollte man zumindest einmal im Leben genossen haben."

Eier und Fischfilets

Wenn Ihnen jetzt nach hellem Stör-Gelege ist, sollten Sie die dicke Brieftasche mit ins schöne Steyrtal bringen. Rund 9.000 Euro kostet nämlich das Kilo Almas. Sonst ist Schladers Kaviar mit maximal knapp über zwei Euro pro Gramm verhältnismäßig günstig. Vor allem wenn man bedenkt, dass alles im Fischladen noch echte Handarbeit ist. Per Ultraschall wird zunächst der Reifegrad der Eier bestimmt. Passt dieser, ist das Ende nah. Die Stör-Weibchen werden betäubt, dann mit einem Stich getötet. Vorsichtig trennt Schlader die Eier vom Bindegewebe. Der gewonnene Kaviar wird gewaschen, mit Salz vermischt und manuell verpackt. Verkauft wird übrigens auch das Fischfilet.

Rund 200 Restaurants in ganz Österreich beziehen etwa 80 Prozent der Produktionsmenge. Der Rest wird über Feinkostläden und – zu einem geringen Teil – an Privatkunden verkauft. Die Fische kauft Helmut Schlader vorwiegend aus Zuchtbetrieben in Italien und Deutschland. Wichtig ist dem Zuchtexperten vor allem aber auch das Verzehrambiente: "Eigentlich sollte man den Kaviar ja vom Körper einer schönen Frau essen." Stilsicher sind Verkoster aber auch mit einem Porzellanteller, einem Löffel aus Perlmutt und ein Glas Champagner unterwegs. (Markus Rohrhofer, 28.12.2019)