Sowohl die über Asylverfahren entscheidende Behörde BFA als auch die geplanten staatlichen Asylrechtsberater sollen dem Innenministerium unterstehen.

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Wien – Die von Türkis-Blau initiierte Verstaatlichung der Rechtsberatung für Asylwerber ist seit ihrem Beschluss nur einen Tag vor Veröffentlichung des Ibiza-Videos menschenrechtlich höchst umstritten: Ab 2021 sollen den Flüchtlingen statt den bisher beratenden NGOs – der aus Diakonie und Volkshilfe bestehenden Arge Rechtsberatung und dem Verein Menschenrechte Österreich – staatliche Kräfte zur Seite stehen.

Nun jedoch gibt es eine Denkpause, um der kommenden Bundesregierung die Möglichkeit zu eröffnen, die Änderung nochmals zu prüfen: Auf Initiative des Justizministerium wurde die Kündigungsfrist für die NGOs gekürzt – sodass sie nicht wie ursprünglich vorgesehen Ende Dezember, sondern erst Ende Februar beginnt.

Diakonie: "Pragmatischer Schritt"

"Das ist ein pragmatischer Schritt. Die kommenden Bundesregierung soll die Möglichkeit haben, den Beschluss nochmals zu erwägen", sagte Christoph Riedl von der Diakonie dem STANDARD. Die NGOs seien aus dem Justizministerium von der Fristverkürzung informiert worden – und hätten sich in der Folge damit einverstanden erklärt.

Laut dem Nationalratsbeschluss wird die Rechtsberatung an eine Bundesagentur für Betreuungs-und Unterstützungsleistungen (BBU) übertragen, die ab Mitte 2020 auch die Asylwerberunterbringung im Zulassungsverfahren übernimmt. Die überwiegend negativen Stellungsnahmen von Experten im Begutachtungsverfahren waren von ÖVP und FPÖ ignoriert worden.

Kickl gegen "Asylindustrie"

Türkis und Blau erwarteten sich von dem Schritt effizientere Verfahren – und eine Schwächung einer angeblichen "Asylindustrie"; ein Begriff, den vor allem Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) häufig in den Mund nahm.

In der BBU hat das Innenministerium das Sagen. Ihm untersteht auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, das über Asylanträge entscheidet. Damit werde im selben Haus über den Schutzstatus von Menschen und über ihre Rechtsberatung entschieden, argumentieren Kritiker des Gesetzes. So sei kein unabhängiges Angebot möglich.

Schon 2018 verzögert

Auch der frühere Justizminister Josef Moser (ÖVP) war zunächst skeptisch gewesen. Vor einem Jahr hatte er einen ähnlichen Entschluss wie nun gefällt und die Verträge mit den NGOs nicht gekündigt. Dadurch verschob sich die Verstaatlichung der Asylrechtsberatung um ein Jahr. (Irene Brickner, 27.12.2019)