Kuratorin Nadja Haumberger vom Weltmuseum.

Foto: Sarah Chlebowski

Ein Museum. Das ist eine künstliche Ordnung von Objekten, Kunstgegenständen, Texten – stets von Menschen zusammengestellt. Damit zeigen sie mehr als nur das eigentliche Thema einer Ausstellung. Sie dokumentieren politische und soziale Muster. So erklärt Nadja Haumberger ihre Faszination für die Konzeption ethnografischer Ausstellungen. Seit 2015 ist die 31-Jährige die interimistische Kuratorin der Sammlungen zu Subsahara-Afrika im Weltmuseum Wien.

Die Kernfrage ihrer Arbeit sei stets, wie man die alten kolonialen Diskurse endlich auflösen könne, sagt sie – zumindest im Museum. "Meine Antwort darauf ist Teamarbeit mit der Urhebergesellschaft, deren Diaspora und anderen Fachkollegen. Je mehr Personen sich einbringen, auf desto mehr Perspektiven kann man sich stützen." Das sei nicht nur wichtig für die Erstellung einzelner Ausstellungen, sondern auch für die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen und europäischen Museen.

Prominentes Beispiel Benin-Sammlungen

Doch derzeit passiere da noch viel zu wenig. Aktuell müsse vor allem endlich der koloniale Kontext vieler Sammlungen aufgearbeitet werden. Eines der prominentesten Beispiele sind die Benin-Sammlungen: Artefakte aus dem ehemaligen Königreich Benin, dem heutigen Südwesten Nigerias. Die großteils metallenen Kunstgegenstände wurden Ende des 19. Jahrhunderts von Großbritannien nach Europa verschleppt. Heute zieren sie Ausstellungen in etlichen europäischen Museen, einige Teile sind auch im Weltmuseum Wien gelandet. Daher startete die nigerianische Museen- und Denkmäler-Kommission (NCMM) 2010 gemeinsam mit europäischen Museen einen Dialog über die Zukunft der Kunstschätze.

"Restitution ist eine sehr politische Frage. Man muss anerkennen, dass Objekte nicht nur Erinnerungsgegenstände sind, sondern oft für starke Traumata stehen", sagt Haumberger. In den kommenden Jahren müsse noch sehr viel aufgearbeitet werden. Doch oft sei kaum etwas über Herkunft und Geschichte der Gegenstände bekannt. Haumberger erwartet daher in ihrer neuen Position als feste Kuratorin am Weltmuseum Wien, die sie im neuen Jahr antritt, jede Menge Arbeit. Daneben ist sie als Lektorin am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Uni Wien tätig, wo die gebürtige Kremserin ihren Magister absolviert hat.

Haumbergers Ziel ist es, ein breiteres Publikum ins Museum zu locken. "Die Sammlungen zeigen Perspektiven auf, mit denen wir in Österreich sonst kaum konfrontiert sind", berichtet sie über das Weltmuseum Wien. Formate müssten über klassische Vorträge hinausgehen, um mehr Neugier zu schaffen. Ideen dafür sucht sie auf Reisen – kein Urlaub ohne Museumsbesuch, verrät sie.

Im Weltmuseum Wien ist eines ihrer Lieblingsstücke ein Rindenbaststoff aus der Demokratischen Republik Kongo, wie er auch heute noch von kongolesischen Frauen bemalt wird. Die abstrakten Zeichnungen seien ein Hinweis auf die Sicht der Künstlerin auf ihre Umgebung, so Haumberger. Verschiedene Sichtweisen seien genau, was sie vermitteln will: "Jedes Objekt erzählt viele Geschichten. Und mit jeder neuen Geschichte lernen wir die Welt um uns ein Stück besser kennen." (Alicia Prager, 31.12.2019)