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Der Journalist Jan Kuciak war im Februar 2018 mit seiner Freundin Martina Kusnirova tot in seinem Haus in einem Vorort von Bratislava aufgefunden worden.

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Das Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern wird oft von der Macht der Angst auf beiden Seiten geprägt. Ich teile die Meinung des bedeutenden deutschen Publizisten Klaus Harpprecht (1927–2016), dass Journalismus "der schönste, der schrecklichste aller Berufe" sei. Die Berichte der "Reporter ohne Grenzen" zeigen allerdings, dass es sich auch um einen höchst gefährlichen Beruf handelt. Die Beispiele der ermordeten Journalisten in der Slowakei und auf Malta sind eine Warnung, dass die von Harpprecht gelobte "unstillbare Neugier" selbst in EU-Staaten lebensgefährlich sein könnte, wenn es um die Pfründe der Regierungsspitze geht. Insgesamt wurden 2019 weltweit 38 Journalisten getötet und 232 inhaftiert.

Kein Wunder, dass der Ausschnitt aus dem Ibiza-Video, in dem Heinz-Christian Strache von einer möglichen Übernahme der "Kronen Zeitung" ("zack, zack, zack!") sprach und Journalisten "sowieso die größten Huren auf dem Planeten" nannte, auch in den Medien für ein Erdbeben sorgte. Der damalige FPÖ-Obmann und Vizekanzler hatte genaue Vorstellungen, wie man am Beispiel Viktor Orbáns und mithilfe dessen österreichischer Medienkumpane (Heinrich Pecina habe "dem Orbán alle ungarischen Medien der letzten 15 Jahre aufgekauft und für ihn aufbereitet") auch in Österreich ungarische Zustände schaffen könnte.

Man muss offen aussprechen, dass die Grundlage des unter dem Deckmantel der unbehinderten Redefreiheit durch gerissene und gesteuerte Medienunternehmer errichteten Systems der Unterwürfigkeit auch in den liberalen Demokratien schlicht und einfach die Dummheit ist. Mahnte doch schon Bert Brecht: "Unsichtbar macht sich die Dummheit, indem sie ungeheure Ausmaße annimmt." Deshalb bleibt die von Grünen-Chef Werner Kogler und dem ÖVP-Mediensprecher versprochene Förderung des "qualitätsvollen, unabhängigen Journalismus" (neben dem hohen Bildungsniveau) eine Kernfrage für die Zukunft der österreichischen Demokratie.

Man soll nicht nur Diktaturen oder autoritäre Systeme, von Russland und China bis zu Ungarn oder zur Türkei, als abschreckende Beispiele anführen. Die Art und Weise, wie die Wahlberichterstattung der BBC von den Siegern und Verlierern mit "giftigem Zynismus" (so Nachrichtensprecher Huw Edwards) angegriffen wurde und mit der Abschaffung der Rundfunkgebühren gedroht wurde, spiegelt das Spannungsverhältnis zwischen Politik und Medien auch im Mutterland der Demokratie. Mit Hetze und Dreck kann man in Großbritannien ebenso wie in Österreich viel Geld verdienen. Unabhängige Qualitätszeitungen und unabhängige Mitarbeiter und Redakteure der Öffentlich-Rechtlichen sind stets im Visier machthungriger Politiker. Natürlich machen sie auch Fehler oder attackieren sogar grundlos Mitglieder der sogenannten politischen Elite. Absurd, gefährlich sind aber die Unterstellungen im Geiste der Verschwörungstheorien, dass Fehler in der Berichterstattung bewusst geplant oder begangen werden, um einer Partei zu schaden und einer anderen zu helfen. Die Journalisten, die sich zu einem liberalen, weltoffenen Europa des Westens bekennen, werden jedenfalls in den Augen der Rechts- oder Linksextremisten immer verdächtig bleiben. (Paul Lendvai, 30.12.2019)