Mit dem Plastiksackerlverbot, das mit Jahresbeginn in Kraft getreten ist, ist noch nicht allzu viel erreicht.

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Warme Patschen, warme Unterwäsche, karierter Pyjama, in der Tchibo-Filiale in der Mariahilfer Straße ist man auf wohlige Winteraccessoires eingestellt. Eine Dame mittleren Alters nimmt den Stoff des Flanelloberteiles prüfend zwischen die Finger. "Die Leute kommen kurz herein, haben zehn Minuten Zeit und können alles angreifen." Harald Mayer, langjähriger Tchibo-Österreich-Chef, empfängt zum Gespräch in der kleinen Filiale in Wien. Er hat einiges herzuzeigen. Das neue Shopkonzept, das in Deutschland schon lange umgesetzt wird: urbaner Look, gemischt mit dem angesagten Shabby Chic. Schreibschrift auf Tafeln, Latte macchiato, Cappuccino, verlockender Kuchen. Umweht vom Kaffeeduft sollen Kunden nicht nur an-, sondern auch zugreifen.

An den Wänden hängt Nützliches wie Kochgerät, zum Drüberstreuen gibt es Modeschmuck, daneben locken Reiseangebote – und die unverzichtbare Kaffeekapselmaschine. "Jeder glaubt, dass Nespresso Marktführer bei den Kapseln ist. Stimmt nicht, das sind wir", sagt Mayer. Worauf er besonders stolz ist: Viele der Produkte sind neuerdings unverpackt. Und es sollen mehr werden. Kein Zweifel, Plastik ist out – nicht nur in der wachsenden Zahl an Zero-Waste-Läden. "Ich möchte keine Biogurken in Plastik kaufen", klagt eine Kundin auf der Social-Media-Seite eines Handelsriesen. Sollte dieser weiterhin "an diesem unglückseligen Verpackungsmaterial festhalten, wird er mich als langjährige Kundin verlieren", droht sie.

Kampfansage an Plastik

Die Dame befindet sich in guter Gesellschaft. Die EU-Kommission sagte dem Plastik den Kampf an, Einwegprodukte soll sukzessive vom Markt verschwinden, im heimischen Handel hat das Plastiksackerl an der Kassa mit dem seit Jahresanfang gültigem Verbot praktisch ausgedient, Gute-Tipps-Seiten zum Reduzieren des Verpackungsmülls finden sich mittlerweile zuhauf.

Im Handel hat sich die Verpackung im Prioritätenranking mit Wucht nach oben katapultiert. Plötzlich sind die Gurken, die lange als Beispiel für Waren dienten, die man zwecks Haltbarkeit nicht unverschweißt verkaufen könne, wieder zunehmend nackt. Bananen sind beim Diskonter nicht mehr in Unmengen an Plastikfolien gehüllt, eine Drogeriemarktkette bietet Waschmittel in nachfüllbaren Gebinden an. Die Beispiele mehren sich.

Dringender Handlungsbedarf besteht: Von einem lückenlosen Kreislauf in der Abfallwirtschaft kann keine Rede sein. Anders als andere EU-Staaten exportiert Österreich zwar nicht tonnenweise Plastikmüll in asiatische Staaten, dafür produzieren die Österreicher vergleichsweise viel davon. Und während sich im EU-Schnitt die Wiederverwertung des Plastikverpackungsabfalls in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat, humpelt Österreich hinterher. Ein Drittel der Verpackungsabfälle aus Kunststoff wurden laut Eurostat 2017 wiederverwertet. Der EU-Schnitt liegt bei 42 Prozent. Das Plastiksackerlverbot ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Es wird den Plastikmüll um rund zwei Prozent verringern.

Kritik an Alternativen

An den vielfach als umweltfreundlich gepriesenen Alternativen gibt es ebenfalls einiges zu kritisieren. Das Papiersackerl in der Obstabteilung etwa erweist sich in der Praxis als suboptimal. Nach einmaliger Nutzung ist es oft unbrauchbar. Die Plastiksackerl aus Stärke bestehen häufig großteils aus erdölbasiertem Kunststoff. Papiersackerln wiederum sind aus Sicht des Energieverbrauchs in der Produktion nicht besser als Plastiksackerln.

Untätig ist der Handel aber auch auf anderen Ebenen nicht. Eine Plastikstrategie hat mittlerweile praktisch jeder Anbieter. Rewe testet mit "Coating" eine Methode, dank derer Obst und Gemüse – derzeit Mangos, Limetten und Avocados – mit einem hauchdünnen Überzug aus Zucker, Zellulose und Pflanzenölen länger frisch bleiben soll. Lidl verpackt seine Steaks nicht mehr in Kunststoffschalen, sondern in recyclingfähigen Kartons. Sechs Tonnen Kunststoff sollen so jährlich weniger anfallen. Hofer will durch den Verzicht auf Verpackungsfolie bei Bananen pro Jahr 50 Tonnen Kunststoff einsparen. Mit einer Art Tätowierung von Obst will man auf die Deklaration mittels Verpackungsfolie verzichten. Und bei Spar können Kunden neuerdings ihre eigenen Behältnisse für den Einkauf von Wurst mitbringen. Um den Hygienevorschriften zu genügen, müssen sie aber die Box selbst öffnen und nach getanem Kauf auch wieder verschließen. (2.1.2020)