Regierungsprogramm Kapitel "Frauen"

Das Kapitel "Frauen" dürfte viele Grünen-Wählerinnen enttäuschen. Die Grünen positionierten sich stets mit einer stark feministisch orientierten Frauenpolitik. Dass trotzdem die ÖVP nun für die Frauenagenden zuständig sind und diese bei Integrationsministerin Susanne Raab ressortiert werden, überrascht daher.

Das Kapitel "Frauen" ist im Regierungsprogramm weitgehend ambitionslos. Allerdings gibt es die eine oder andere kleine Korrektur an Maßnahmen der türkis-blauen Regierung. Zum Beispiel beim viel kritisierten Gewaltschutzpaket oder den fehlenden aktuellen Daten zur Verteilung unbezahlter und bezahlter Arbeit.

Für das Frauenbudget soll es eine "substanzielle Aufstockung" geben, konkrete Zahlen über die Höhe der Aufstockung des Budgets gibt es aber nicht. Ähnlich verhält es sich bei den Ressourcen für Gewaltschutz. Im Programm ist zwar von einem Ausbau der Gewaltschutzzentren die Rede, allerdings bleibt der Umfang mit der Formulierung "bedarfsorientiert" vage.

Bei zwei Maßnahmen gegen Gewalt sind kleine Korrekturen geplant: Die Fallkonferenzen bei sehr gefährlichen Fällen von Gewalt gegen Frauen können nun auch von Gewaltschutzeinrichtungen oder Männerberatungen einberufen werden und nicht mehr nur vonseiten der Polizei. Eine weitere Korrektur könnte es auch bei einem Teil des Gewaltschutzpakets geben, das im Herbst beschlossen wurde und eine Anzeigenpflicht für das gesamte Gesundheitspersonal bei Verdacht einer Vergewaltigung von Patientinnen und Patienten vorsah. Expertinnen befürchteten, dass Opfer medizinische Hilfe nicht in Anspruch nehmen, wenn ihnen die Entscheidung abgenommen werden könnte, ob sie Anzeige erstatten wollen. Im Regierungsprogramm ist nun von einer "Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Anzeigenpflicht" die Rede.

Für den Bereich Arbeit ist die geplante Durchführung einer Zeiterfassungsstudie zentral. Eine solche sollte laut Expertinnen alle zehn Jahre durchführt werden, um die Verteilung von unbezahlter Arbeit zu eruieren. Die türkis-blaue Regierung wollte darauf verzichten, Türkis-Grün hat die Durchführung nun in ihrem Programm festgeschrieben.

Der Arbeitsmarkt als zentrales Feld für wirksame Maßnahmen zur ökonomischen Gleichstellung wird durch keine konkrete Maßnahme gewürdigt. Dafür findet sich im Programm etwa eine geplante Infokampagne über die Auswirkungen von Teilzeit. Für den kleinen Kreis an Frauen, die Chancen auf einen Aufsichtsratsposten haben, gibt es immerhin eine konkrete Zahl: 40 Prozent Frauenquote soll es in Aufsichtsräten für Unternehmen in öffentlicher Hand geben.

Alle Frauen betrifft hingegen die geplante Senkung des Umsatzsteuersatzes für Menstruationsprodukte, der derzeit bei 20 Prozent liegt – um wie viel diese billiger werden sollen, bleibt aber offen. (beaha, 2.1.2020)