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Michael Hayböck war vor vier Jahren als Gesamtdritter der letzte Österreicher auf dem Tourneepodest, seither fliegt der 28-Jährige der Form und dem Erfolg hinterher.

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Mario Stecher hat einen "riesengroßen Fortschritt" ausgemacht.

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Leutasch – Infelix Austria. So wird der kleine Nachbar derzeit in Deutschland tituliert. Die Beschreibung gilt dem Sport, ansonsten wäre sie verfrüht, vielleicht sogar verfehlt, jedenfalls gilt es abzuwarten. Die Vierschanzentournee wiederum hat eine halbe Periode schon hinter sich, und die Deutschen halten also fest, es werde für den ÖSV "wieder nicht zum Gesamtsieg reichen". Wer wollte da auch widersprechen? Vor Innsbruck, wo es am Freitag um die Qualifikation für Samstag geht, und Bischofshofen (Sonntag, Montag) liegt Stefan Kraft als Fünfter punktemäßig aussichtslos zurück, und Kraft ist mit Abstand noch Österreichs Bester.

Fünf vor zwölf und eine Themenverfehlung

Infelix, das also ist die Außensicht. Die Innensicht ist eine andere. Zumindest gaben sich Springer und Betreuer am Ruhetag betont gut gelaunt. Auf dem wunderbaren Eis beim wunderbaren "Huberts Stüberl" in Platzl bei Leutasch wurden Stöcke geschossen, dann wurde Brettl gejausnet sowie Frage und Antwort gestanden. Als Mario Stecher, der Nordische Direktor des ÖSV, mit dem STANDARD zu reden kam, war es exakt 11.55 Uhr, was nämlicher als Auflage wahrnahm. Fünf vor zwölf? Das würde Stecher als Themenverfehlung betrachten. "Wir haben heuer", sagt er, "einen riesengroßen Fortschritt gesehen." Kurz und gut: Felix Austria!

Dass sich die Wahrnehmungen derart unterscheiden, ist bemerkenswert, hat aber eine gewisse Logik. Von innen sieht man nicht nur subjektiv, sondern vielleicht auch schärfer. Stecher kann seinen Optimismus untermauern, verweist auf den Nationencup, in dem Österreich (2050 Punkte) noch klar vor Norwegen (1714) führt. Vergangenen Winter schaute am Ende hinter Polen, Deutschland und Japan nur der vierte Platz heraus. "Wir wurden als Tourneemitfavoriten gehandelt", sagt Stecher. "Damit sind einige nicht ganz fertig geworden."

Gereifte Talente

Auffällig ist, dass den Österreichern im Weltcup wirklich junge Talente abgehen. Stecher sagt, das Wettkampfalter sei wichtiger als der Geburtsschein, und nennt Philipp Aschenwald als Beispiel. Der Zillertaler, im Weltcup auf Gesamtrang drei, ist bereits 24 Jahre alt. "Aber er springt erst seine zweite komplette Saison im Weltcup", sagt Stecher. Daniel Huber (26) ist auch nicht länger dabei, Jan Hörl (21) zählt seit dieser Saison fix zum Weltcupteam.

Jüngere fehlen, "weil die Plätze oben immer wieder besetzt waren", sagt Stecher. Der frühere Kombinierer, mit dem Team je zweimal Olympiasieger und Weltmeister, trat Mitte 2018 als Nachfolger von Ernst Vettori an. Vier Jahre hat er sich für den Aufbau einer neuen Sprungmannschaft auserbeten. Dabei bleibt es.

Stecher verweist auf "einige sehr gute Burschen, die wir schon haben, die wir aber leider noch nicht bringen können". Es handelt sich um eine Handvoll Springer des Jahrgangs 2002, sie sollten sich in Innsbruck präsentieren, hätten dafür aber Punkte aus dem Continental-Cup benötigt. Dort, in der zweiten Liga, wurden aber zuletzt gleich vier Bewerbe wegen Schneemangels abgesagt, das nahm den ÖSV-Youngsters die Chance, sich für den Weltcup zu qualifizieren.

Prognose: Aschenwald!

Michael Hayböck schloss die Tournee vor vier Jahren als Dritter ab, seither kam kein Österreicher aufs Gesamtstockerl. Auch Hayböck (28) springt dem Erfolg hinterher. "Der Michi kämpft", bestätigt Stecher. "Er musste seinen Stil adaptieren. Er hat immer relativ lange gebraucht, um das System nach dem Absprung zusammenzubringen. Derzeit ist es das Um und Auf, dass genau das schnell geht." Kraft (26), seit mehr als fünf Jahren an der Weltspitze, sei ein Glücksfall, Aschenwald werde bald ein Glücksfall werden. "Er ist nicht aufzuhalten", ist Mario Stecher überzeugt. "Er braucht nur Geduld, wir werden ihn garantiert ganz oben sehen." (Fritz Neumann aus Leutasch, 3.1.2020)