Luigi Di Maio – hier bei einem Besuch im Libanon Ende Dezember – steht zu Hause in Italien vor dem Zerfall seiner Fünf-Sterne-Bewegung.

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Schlechter hätte das neue Jahr für Luigi Di Maio kaum beginnen können: Mit dem von einem internen Schiedsgericht am Neujahrstag angeordneten Rauswurf des Senators Gianluigi Paragone droht der Fünf-Sterne-Protestbewegung endgültig die Spaltung in einen linken und einen rechten Flügel. Der Haussegen innerhalb der von Politikchef und Außenminister Di Maio angeführten größten Regierungspartei Italiens hängt ohnehin schon seit längerem bedenklich schief. Paragone, einst Redaktionsleiter bei "La Padania", der Parteizeitung der rechtsradikalen Lega von Matteo Salvini, war einer der prominentesten Rechtspopulisten innerhalb der Fünf Sterne gewesen. Mit dem Verstoßenen haben sich umgehend andere rechte Gesinnungsfreunde innerhalb der Protestbewegung solidarisiert.

Auch das alte Jahr war für die Grillini und ihren Politikchef denkbar unerfreulich zu Ende gegangen: Am Weihnachtstag hatte Erziehungsminister Lorenzo Fioramonti seinen Rücktritt eingereicht. Seinen Schritt hatte Fioramonti damit begründet, dass ihm im Haushalt 2020 die geforderten drei zusätzlichen Milliarden für Bildung verweigert worden seien. Doch Fioramonti war – wie Paragone – insgesamt unzufrieden gewesen mit dem Kurs der neuen Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und dem sozialdemokratischen PD. Dem Ex-Minister wird nachgesagt, er wolle sich mit diversen anderen Fünf-Sterne-Parlamentariern von der Bewegung abspalten und eine eigene Umweltpartei gründen. Der Name für die neue Partei steht offenbar schon fest: Eco.

Absturz auf 17 Prozent

Im Zentrum des Sturms steht der erst 33-jährige Studienabbrecher und ehemalige Sandwichverkäufer Di Maio: Unter ihm ist die Protestbewegung seit dem Wahlsieg im März 2018 bis zu den Europawahlen vom Mai 2019 von 33 auf 17 Prozent abgestürzt; bei den letzten Regionalwahlen erzielten die Grillini oft nur einstellige Resultate – sofern sie nicht aus Angst vor einer sicheren Niederlage schon gar nicht angetreten waren. In den 19 Monaten als großer Koalitionspartner haben die Grillini die meisten ihrer Wahlversprechen gebrochen und konnten kaum Einfluss auf die Regierungspolitik nehmen: Zuerst wurden sie von Lega-Chef und Ex-Innenminister Matteo Salvini vorgeführt, nun leiden sie unter der Dominanz des PD.

Der angeschlagene Di Maio, der längst um sein politisches Überleben kämpft, wollte mit dem von ihm eingefädelten Ausschluss von Paragone ein Exempel statuieren und Autorität zurückgewinnen: "Unter den Fünf Sternen herrscht zwar Pluralität, aber keine Anarchie", rechtfertigte er den Rauswurf. Erreicht hat er das Gegenteil: Inzwischen ist in Rom ein regelrechter Krieg der Fünf Sterne ausgebrochen. Zwölf der ursprünglich 112 Grillini-Senatoren und sechs der einst 222 Abgeordneten hat die Bewegung durch Ausschlüsse oder freiwillige Parteiaustritte bereits verloren; etwa zwei Dutzend weitere Parlamentarier sollen kurz vor dem Absprung stehen. Entweder werden sich die Abtrünnigen der Lega anschließen oder – möglicherweise mit Fioramonti und Paragone – eine eigene Fraktion gründen.

Streit um vorgeschriebene Rückerstattung

Und es droht ein weiterer massiver Aderlass: Inzwischen ist publik geworden, dass nur ein kleiner Bruchteil der Fünf-Sterne-Abgeordneten und -Senatoren die von den Statuten vorgeschriebenen mindestens 2.000 Euro ihres Parlamentariergehalts auch tatsächlich wieder zurückerstattet hat. Die teilweise Rückerstattung der in Italien besonders üppigen Parlamentarier-Diäten und deren Verwendung zur Finanzierung von sozialen Einrichtungen oder als Startkapital für junge Unternehmen war ebenfalls ein zentrales Wahlversprechen der Grillini gewesen. Mindestens dreißig Säumigen droht nun ebenfalls der Ausschluss aus der Bewegung.

Für die Regierung des parteilosen Giuseppe Conte könnte der Zerfall der Fünf Sterne fatale Folgen haben: Im Senat verfügt die Koalition schon heute nur über eine Mehrheit von wenigen Sitzen. Und Ende Jänner dürfte es bei den in der Emilia-Romagna und in Kalabrien anstehenden Regionalwahlen für die Protestbewegung zwei weitere katastrophale Niederlagen geben, die den Zwist über den politischen Kurs und die Absetzbewegungen noch verstärkten dürften. (Dominik Straub aus Rom, 3.1.2019)