In Österreich gibt es knapp 5000 Ladepunkte auf öffentlichem Grund. Der Großteil der E-Autos wird zu Hause oder am Arbeitsplatz geladen.

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Sie weckt Assoziationen mit dem Henne-Ei-Problem, die Frage nämlich, was zuerst da sein muss, damit Elektromobilität auf vier Rädern in die Gänge kommt: genügend attraktive Stromautos oder flächendeckend Ladestationen, damit der Batterie rechtzeitig Saft zugeführt werden kann, wenn sie es braucht.

Fragt man Autofahrer, die mit einem Umstieg auf Elektro spekulieren, sagt die Mehrzahl: beides.

Beides aber kostet zunächst nur Geld und spielt kaum etwas ein. Beispiel Wiener Netze: Das Schwesterunternehmen der Wien Energie, ihres Zeichens größter Energieversorger (EVU) Österreichs, hat nach einer gewonnenen Ausschreibung 15 Millionen Euro in die Hand genommen, um bis Ende 2020 in der Bundeshauptstadt zusätzlich 500 Ladestationen mit je zwei Ladepunkten zu errichten. Die Kosten pro Ladesäule: rund 30.000 Euro.

Investition in die Zukunft

"Geld verdient damit noch niemand", weiß Stefan Bergsmann, Österreich-Geschäftsführer des international tätigen Beratungsunternehmens Horvath & Partners. Es sei vielmehr eine Vorleistung der Energieversorger, verknüpft mit der Hoffnung, dass sich das Investment irgendwann rechnet.

"Ist ein Energieversorger zu früh dran, hat er viel Geld in die Ladeinfrastruktur gesteckt und möglicherweise Servicepakete geschnürt, die niemand kaufen will. Ist er zu spät dran, macht vielleicht jemand anderer das Geschäft," weist Bergsmann auf das Dilemma hin.

Die Zahl der für Elektrofahrzeuge reservierten Ladeplätze nimmt laufend zu. Noch hält der Verkauf von Elektroautos damit nicht Schritt.
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Wer sich durch Wien bewegt, sieht Ladesäulen in Straßen und Gassen, wo es bis vor kurzem noch keine gab. "Wir sind exakt im Plan", sagt der Sprecher von Wien Energie, Boris Kaspar. 315 der 500 geplanten Ladestationen stünden Autofahrern, die ihren Stromer auf öffentlichem Grund aufladen wollten, bereits zur Verfügung. 185 weitere kommen, wie mit der Stadtregierung vereinbart, in den kommenden zwölf Monaten dazu.

Mit den aktuell 850 Ladepunkten, die sich im Großraum Wien in Tiefgaragen, Park-&-Ride-Anlagen und auf Supermarktparkplätzen befinden, gibt es in Wien nun knapp 1500 Möglichkeiten, mit elf Kilowatt (kW) Leistung zu laden. In ganz Österreich sind knapp 5000 Ladepunkte öffentlich zugänglich, darunter auch etliche Schnelllader mit 50 und 100 kW. Am Verteilerkreis Favoriten in Wien, aber auch in Graz, Salzburg und Innsbruck gibt es mittlerweile Supercharger mit 350 kW-Leistung. Fünf Minuten laden reichten, um dann bis zu 100 km fahren zu können, heißt es bei Smatrics, einem Joint Venture von OMV, Siemens und Verbund.

Laden mit Kundenkarte

Um Smatrics nicht allein das Feld zu überlassen, haben sich die Landes-EVUs zum Bundesverband Elektromobilität (BEÖ) zusammengeschlossen. Innerhalb des Netzes kann mit einer Kundenkarte geladen und bezahlt werden; seit Mai ist dies auch mit der Smatrics-Karte im Netz der BEÖ-Mitglieder möglich – und umgekehrt.

Der Großteil der Stromautos fährt aber ohnedies selten bei einer öffentlichen Ladestation vor. Erfahrungsgemäß wird in rund 90 Prozent der Fälle zu Hause oder am Arbeitsplatz geladen – und da spiele es meist keine Rolle, ob der Ladevorgang fünf, zehn oder zwölf Stunden dauere, sagt der Vorstand des Instituts für Energiesysteme und Elektrische Antriebe der Technischen Universität Wien, Manfred Schrödl.

Stadt-Land-Diskrepanz

Schrödl macht aber auf eine Diskrepanz aufmerksam. Während Bewohner auf dem Land kaum Probleme hätten, in ihrer Garage eine Wallbox zum Laden ihres E-Autos zu installieren, sei dies in der Stadt meist viel komplizierter. Legt sich in einem Mehrparteienhaus auch nur ein Nachbar quer, ist es nichts mit Laden zu Hause. "Da ist die Politik gefordert," sagt Schrödl. Mietrecht und Wohnungseigentumsgesetz müssten entsprechend angepasst werden.

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Die meist frequentierten Ladestationen auf öffentlichem Grund finden sich in der Wiener Innenstadt.
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Interessante Fakts weist die Statistik für Wien aus. Demnach wurden im zu Ende gehenden Jahr insgesamt 62.000 Ladevorgänge auf öffentlichem Grund registriert. Dabei wurden mehr als 900.000 Kilowattstunden (kWh) Strom gezogen. Das entspricht dem Durchschnittsverbrauch von rund 130.000 Haushalten in Wien.

Zu den meistfrequentierten Ladesäulen gehörte mit gut 20.000 kWh Stromabsatz jene am Josef- Meinrad-Platz beim Burgtheater. Auch die Ladestation am Stubenring und am Morzinplatz, beide in der Nähe des Stadtzentrums, kamen auf ähnlich hohe Werte.

Und was ist, wenn der Platz vor bestehenden Ladestationen doch einmal knapp werden sollte? Dann kann die Ladeinfrastruktur relativ rasch erweitert werden.

(Günther Strobl, 4.1.2020)