Christoph Dichands in Mitarbeitermail an Funke-Gruppe: "Rücksichtsloser Versuch der Machtergreifung in der 'Kronen Zeitung'. 'Ibiza' lebt!"

Foto: Robert Newald

"Krone"-Herausgeber Christoph Dichand schwört in einem internen Rundmail Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach dem jüngsten Angriff der deutschen Miteigentümer ein. Die Funke-Gruppe (sie hat Immobilienmilliardär René Benko an Bord) hat wie berichtet die alleinige Kontrolle über die "Kronen Zeitung" bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldet. Dichand schreibt von einem "rücksichtslosen Versuch der Machtergreifung" in der "Kronen Zeitung".

"Juristisches Neuland"

"Natürlich, wie so oft bei solchen Winkelzügen, wird juristisches Neuland beschritten und ist eine solche kaltblütige Enteignung wohl nicht durchsetzen. Ich und meine Familie sind jedenfalls vorbereitet und werden sämtliche Abwehrmaßnahmen ergreifen", schreibt Dichand in seinem Mail, von dem "Heute" zunächst berichtete. Herausgeberin von "Heute" ist Dichands Frau Eva Dichand. Das Mail liegt dem STANDARD vor. Dichand räumt ein, dass der Funke-Vorstoß "juristisch interessant" sei.

Streit um Stimmrechte

Worum geht es beim jüngsten Angriff? Die Funke-Gruppe argumentiert vor der Wettbewerbsbehörde (wie schon zuvor vor dem Handelsgericht Wien): Durch die Aufteilung der 50 Prozent von Gründer Hans Dichand auf seine vier Erben halten Witwe Helga und die Kinder Michael, Johanna und Christoph Dichand jeweils 12,5 Prozent.

Die Stimmrechte bemessen sich laut Gesellschaftsverträgen aber an vollen Prozentpunkten (eigentlich vollen 1.000 Schilling). Die jeweils 0,5 Prozent hätten keine Relevanz für die Stimmrechte. Damit hätten die Dichands zusammen nur noch vier mal zwölf Prozent, also 48 Prozent Stimmrecht, die Funke-Gruppe aber 50.

Die Dichands und ihre Anwältin Huberta Gheneff bestreiten diese Rechtssicht wie berichtet, auch mehrere vom STANDARD befragte, wirtschaftsrechtlich bewanderte Juristen zeigten sich skeptisch. Die Rechtsfrage dürfte noch Höchstgerichte beschäftigen, und wohl auch Schiedsgerichte, wie sie bei Streitfragen unter "Krone"-Gesellschaftern vorgesehen sind.

Dichands Brief an die Mitarbeiter im Wortlaut:

Die Ereignisse zum Jahresende lassen mich zuversichtlich in dieses Jahr gehen und haben uns alle gestärkt.
Dennoch zeigen die jüngsten Medienberichte, dass die Gruppe Benko/Funke, wie sie mittlerweile auch schon der STANDARD als Einheit betrachtet, ihre juristischen Winkelzüge fortsetzen wollen und versuchen, ihre vermeintliche Mehrheit in unserer Zeitung durchzusetzen. Das ist juristisch zwar interessant, in Wahrheit aber schlichtweg ein rücksichtsloser Versuch der Machtergreifung in der "Kronen Zeitung". "Ibiza" lebt!
Natürlich, wie so oft bei solchen Winkelzügen, wird juristisches Neuland beschritten und ist eine solche kaltblütige Enteignung wohl nicht durchsetzen.
Ich und meine Familie sind jedenfalls vorbereitet und werden sämtliche Abwehrmaßnahmen ergreifen.
Ich danke für Ihr Vertrauen, Ihr
Christoph Dichand

Entlassung abberaumt

Von welchen Ereignissen zu Jahresende sieht sich Dichand in dem Mail gestärkt? Die Funke-Gruppe beraumte eine vor Weihnachten geplante Hauptversammlung überraschend ab, für die sie neuerlich die Entlassung Dichands als Herausgeber und Chefredakteur der "Krone" wegen Spesenvorwürfen beantragt hatten.

"Ibiza lebt"

Mit "Ibiza lebt!" spielt Dichand auf Heinz-Christian Straches Überlegungen für die Übernahme der "Kronen Zeitung" an. In dem heimlich aufgenommenen Video aus 2017 versucht der damalige FPÖ-Chef eine vermeintliche russische Oligarchin zu überzeugen, die Anteile der Funke-Gruppe an der "Kronen Zeitung" zu übernehmen und Österreichs weitaus größte Zeitung auf blaue Linie zu bringen. Das Video wurde im Mai 2019 von "Spiegel" und "Süddeutscher Zeitung" veröffentlicht, die ÖVP beendete nach diesem Anlass die Koalition mit der FPÖ.

Benko, Funke und Dichand

Der Immobilien- und Handelsmilliardär René Benko hat Ende 2018 49 Prozent an der Funke-Holding für ihre Österreich-Beteiligungen übernommen, die 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" hält. Die beiden Zeitungen besitzen gemeinsam Österreichs größten Verlagskonzern Mediaprint.

Benko will die Anteile der Funke-Gruppe laut einer damals vereinbarten Option und späteren Aussagen im Frühjahr 2019 komplett übernehmen. Bedingung dafür: Die Vorrechte der Familie Dichand, vereinbart 1987 beim Einstieg der Funke-Gruppe, müssten fallen. Die Verträge garantieren den Dichands insbesondere jährlich einen hohen einstelligen Millionenbetrag Gewinn, auch wenn die "Krone" ihn nicht abwirft. Dann müssen die Mitgesellschafter ihn den Dichands überweisen. Die Dichands haben zudem das Sagen in der Redaktion und ihrer Besetzung. Zudem gibt es Stimmrechtsbindungen an die Dichands im Verlagskonzern Mediaprint.

Verhandlungen zwischen Christoph Dichand und René Benko über einen Modus vivendi in der "Krone" und Änderungen der Vorrechte scheiterten Ende 2019 vorerst. (fid, 4. Jänner 2020)