Die Hassposter unter den Aussagen von FPÖ-Politikern sind nicht die Einzigen, denen eine Alma Zadić als Ministerin niemals "passend" erscheinen wird.

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Österreich ist ein Einwanderungsland. Jeder zweite Wiener und jede zweite Wienerin hat Migrationshintergrund. Ein Viertel der in Österreich lebenden Menschen sind selbst eingewandert oder haben Eltern, die aus dem Ausland stammen. Es war also höchste Zeit, dass wir ein Regierungsmitglied aus der Reihe der Migrantinnen und ihrer Nachkommen erhalten. Das ist für ein Land wie Österreich eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Und genauso selbstverständlich sind auch die Anfeindungen, der Hass und die Vorurteile, denen die zukünftige Ministerin Alma Zadić ausgesetzt ist. Rassismus und die sogenannte "Fremdenfeindlichkeit" gegenüber Menschen, die in Österreich leben, aber anders aussehen, andere Namen tragen, eine andere (insbesondere muslimische) Religionszugehörigkeit haben, ist leider keine Frage des schmalen rechtsextremen Randes der Gesellschaft. Mit einer populistischen Politik, die genau auf diese Ressentiments abzielte, konnte die FPÖ in der Vergangenheit beachtliche Wahlerfolge einfahren, die ihr zweimal – mithilfe der ÖVP – eine Regierungsbeteiligung einbrachten.

Grenzen des Sagbaren verschoben

Hetze und der Hass gegenüber allen, die als "Fremde" wahrgenommen werden, sind nicht nur eine Sache der Rechtsextremisten und der FPÖ, auch wenn es jetzt aus diesen Ecken am lautesten tönt. Nicht zu vergessen: Der erste öffentliche Angriff auf die damalige Liste-Pilz-Abgeordnete Zadić erfolgte 2018 im Parlament durch den damaligen ÖVP-Mandatar Johann Rädler. Und es war natürlich kein Zufall, dass den Parlamentarier ausgerechnet Zadićs Herkunft zu einer gehässigen Bemerkung veranlasste.

Die rechtspopulistische Politik der türkis-blauen Regierung hat die Grenzen des Sagbaren verschoben und das Land für sichtbare Minderheiten ungemütlicher gemacht. Antimuslimische Ressentiments haben besorgniserregende Ausmaße angenommen, und rassistische Aussagen der FPÖ-Politiker waren auch während ihrer Regierungsbeteiligung an der Tagesordnung. Dass jetzt aus ihren Reihen blanker Hass auf die zukünftige Justizministerin niederprasselt, ist keine Überraschung. Die Hassposter unter den Aussagen der FPÖ-Politiker sind auch bei weitem nicht die Einzigen, denen eine Alma Zadić als Ministerin ungeachtet ihrer Qualifikation oder politischen Einstellung niemals "passend" erscheinen wird. Und genau deswegen brauchen wir sie in der Regierung.

Österreich braucht dringend mehr Migranten in der Politik, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, als erfolgreiche Wissenschafter und Sportlerinnen, als Lehrer oder Kulturschaffende. Nicht um bessere Politik oder besseren Journalismus für "ihre Communitys" zu machen, und auch nicht, um die Gesellschaft "vielfältiger" zu machen. Wir brauchen Migranten, die diese Gesellschaft gleichberechtigt gestalten, schlicht und einfach, weil es längst eine überfällige Selbstverständlichkeit ist. Gegen den Hass und die Vorurteile, die tief in der Gesellschaft verankert sind, hilft die Immunisierung in Form von Menschen, die an neuralgischen Punkten sichtbar und präsent werden. (Olivera Stajić, 7.1.2020)