Einer der größten Verfechter einer digitalen Ausweispflicht war unter Türkis-Blau der damalige Medienminister Gernot Blümel (ÖVP). In der neuen Koalition ist der studierte Philosoph nun Finanzminister.

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Die Registrierungspflicht soll nicht in der Form kommen, wie sie die ÖVP ursprünglich vorgesehen hatte. Bundeskanzler Sebastian Kurz bestätigte das am Dienstag in einer "Zeit im Bild"-Spezialsendung. "In dieser Art und Weise nicht. Maßnahmen gegen Hetze im Internet haben wir aber vorgesehen", sagte der ÖVP-Chef. Beispielsweise soll eine Spezialzuständigkeit bei den Staatsanwaltschaften eingeführt werden.

Oberster Gerichtshof schaltete sich ein

Die abgewählte türkis-blaue Koalition hatte Poster im Netz dazu verpflichten wollen, ihre persönlichen Daten zu hinterlassen. Dadurch sollte mit der Anonymität im Netz Schluss sein: User hätten zwar weiterhin unter Pseudonym posten können, hätten aber Behörden oder – im Fall einer Beleidigung – Private Zugriff verlangt, hätte dieser gewährt werden müssen.

Die Begründung lautete damals, dass dadurch die Verfolgung von Hass im Netz vereinfacht werde. Die Pläne wurden massiv kritisiert, der Oberste Gerichtshof deutete an, dass es sich dabei um eine unzulässige Vorratendatenspeicherung handeln könnte. Der Europäische Gerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass eine allgemeine Datenspeicherung ohne Anlass rechtswidrig ist.

"Individualisierungspflicht"

Wie es stattdessen weitergehen soll und ob die Anonymität im Netz eingeschränkt wird, bleibt allerdings offen. Denn im Regierungsprogramm ist etwa von einer "Individualisierungspflicht für Netzbetreiber" die Rede.

Konkret weisen Mobilfunker Nutzern IP-Adressen dynamisch zu – das bedeutet, dass sich die IP-Adresse immer wieder ändert und auch unterschiedliche Nutzer dieselbe erhalten können. Nun wurde im Überwachungspaket der türkis-blauen Regierung 2018 "Quick Freeze" verabschiedet, eine Form der Vorratsdatenspeicherung, bei der Telekomanbieter bei einem "Anfangsverdacht" Daten nach Aufforderung bis zu zwölf Monate lang speichern müssen.

Vorratsdatenspeicherung?

Kommt diese zum Einsatz, müssen die genutzten IP-Adressen nach Ansicht der neuen Regierung künftig nachverfolgt werden können. Da aber solche Informationen in der Regel nicht gespeichert werden – Mobilfunker dürfen nur so viele Daten aufbewahren, wie für die Abrechnung nötig ist –, bleibt offen, wie das im Einklang mit den Regeln einer Vorratsdatenspeicherung rechtlich bewerkstelligt werden soll. (Muzayen Al-Youssef, 8.1.2019)